Das rassistische Attentat von Hanau und die Folgen

Angst, Wut, Hoffnung

Am 19. Februar 2023 - drei Jahre nach dem rassistischen Attentat in Hanau - gedenken Menschen am Königsplatz in München der Opfer.
Am 19. Februar 2023 - drei Jahre nach dem rassistischen Attentat in Hanau - gedenken Menschen am Königsplatz in München der Opfer. © IMAGO / aal.photo / IMAGO / leo.fge
Von Sebastian Friedrich |
Am 19. Februar 2020 verlor Serpil Temiz Unvar ihren Sohn Ferhat beim rassistischen Anschlag von Hanau. Seitdem kämpft sie mit der „Bildungsinitiative Ferhat Unvar“ gegen Rassismus. Das Feature begleitet Angehörige, Überlebende und Weggefährten zwischen Trauer, Aktivismus und Wut.
Am 19. Februar 2020 veränderte sich das Leben von Serpil Temiz Unvar für immer. An diesem Tag tötete im hessischen Hanau ein 43-jähriger Mann neun junge Menschen mit Migrationshintergrund, seine Mutter und schließlich sich selbst. Unter den Opfern war auch der 23-jährige Ferhat Unvar, der Sohn von Serpil Temiz Unvar. Seitdem engagiert sie sich für eine Gesellschaft ohne Rassismus und versucht so, dem sinnlosen Tod ihres Sohnes einen Sinn zu verleihen. Noch im Jahr des Attentats gründete sie die „Bildungsinitiative Ferhat Unvar“.
Das Feature begleitet Serpil Temiz Unvar und ihre Tochter Nesrîn Unvar in den Jahren nach dem rassistischen Anschlag − zwischen Trauer, Aktivismus und alltäglichen Anfeindungen. Neben der Familie kommen auch die Protagonistinnen und Protagonisten zu Wort, die bereits in der Doku „Der letzte Tag. Das Attentat von Hanau“ zu hören waren: Arjin Civelek-Bicer, die seit ihrer Kindheit mit Ferhat Unvar befreundet war und das Attentat überlebte; Jaweid Gholam, der die letzten Stunden mit Ferhat verbrachte und wenige Minuten vor dem Anschlag nach Hause ging; Antje Heigl, die als Sozialarbeiterin im Jugendzentrum Hanau-Kesselstadt viele der Ermordeten über Jahre hinweg begleitet hatte; sowie Said Etris Hashemi, dessen Bruder Said Nesar Hashemi ermordet wurde und der selbst schwerverletzt überlebte.
Das Feature zeigt, wie persönliche Verluste, gesellschaftliche Missstände und fragwürdiges Verhalten der Behörden zu Enttäuschungen, Frustrationen und Misstrauen führen − und wie ein unermüdlicher Einsatz gegen Hass und Unterdrückung trotz alledem Hoffnung stiften kann. Im Gespräch mit Freunden, Zeuginnen und Betroffenen stellt sich die Frage nach einem sinnvollen Leben nach dem Verlust − in einer Gesellschaft, in der rechtsradikale Kräfte stark sind wie nie.
Für die Protagonisten sind Alltagsrassismus und eine sich zunehmend formierende politische Rechte auf bedrückende Weise spürbar. Der Vater des Täters lebt weiterhin in direkter Nachbarschaft zur Familie Unvar und belästigt sie seit dem Anschlag mit rechten Parolen. Und die AfD erzielte 2023 ausgerechnet in Hessen ihr bislang bestes Wahlergebnis in einem westdeutschen Bundesland.
Zum ersten Feature des Autors über das Attentat von Hanau:
Der letzte Tag. Das Attentat von Hanau, ausgezeichnet unter anderem mit dem Civis-Medienpreis, dem Deutschen Sozialpreis und dem Amnesty-Menschrechtspreis.

Ursendung
Angst, Wut, Hoffnung
Das rassistische Attentat von Hanau und die Folgen
Von Sebastian Friedrich
Mit: Serkan Kaya
Regie: Hannah Georgi
Ton: Gerd Nesgen
Deutschlandfunk Kultur/NDR 2025
Wiederholung am 16.02.2025, Deutschlandfunk, 20.05 Uhr

Sebastian Friedrich, 1985 in Halle (Saale) geboren, ist freier Journalist und Autor. Er arbeitet u.a. für das ARD-Politikmagazin Panorama, die Wochenzeitung Der Freitag, den NDR sowie den Deutschlandfunk. Inhaltlich beschäftigt er sich mit dem modernisieren Rechtsradikalismus, der Entwicklung des Kapitalismus und seiner Alternativen, Diskurstheorie und Klassenanalyse. Letzte Features: „Die Ost-West-Migrantin“ (NDR 2020), „Der letzte Tag. Das Attentat von Hanau“ (Deutschlandfunk Kultur/WDR/NDR 2021) und „Gemobbt, gekündigt, abgefunden. Wie Unternehmen gegen Betriebsräte vorgehen“ (Deutschlandfunk/SWR 2023, zusammen mit Nina Scholz).

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