Aufbauhilfe in Afghanistan

"Deutschland hilft den Falschen"

43:41 Minuten
Das zerstörte deutsche Konsulat in Mazar-i-Scharif kuerz nach dem Anschlag.
Die prekäre Sicherheitslage in Afghanistan macht deutsche Aufbauhilfe immer schwerer: Im November 2016 wurde das deutsche Konsulat in Mazar-i-Scharif zerstört. © imago
Von Marc Thörner |
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Ein ehemaliger Chefredakteur und Staatssekretär aus Afghanistan trägt heute in einer deutschen Großstadt Pakete aus. Er musste aus seinem Heimatland fliehen, weil er Korruption und mafiöse Strukturen anprangerte - Strukturen, die auch dank Millionen deutscher Aufbauhilfe florieren.
Feste Arbeit, Kinder, die erfolgreich das Gymnasium besuchen – eigentlich ein Paradebeispiel für gelungene Integration. In Afghanistan war dieser Mann Leiter einer Stiftung, stellvertretender Staatssekretär und Chefredakteur einer überregionalen Tageszeitung. Ein hochqualifizierter, weltlich orientierter Kader, wie sie das Land dringend benötigt. Warum ist er in Deutschland Postbote? "Weil Deutschland den Falschen hilft", sagt er.
Seine Geschichte eröffnet Einblicke in die deutsche Aufbau-Hilfe, die sich an Strukturen orientiert, die nur auf dem Papier existieren. Deutschlands Partner entpuppen sich als Richter, die nur auf Befehl urteilen, als Polizisten, die im Auftrag von Kriegsherren handeln, als Gouverneure an der Spitze mafiöser Finanzimperien, die deutsche Hilfsgelder lieber in Dubai anlegen als in Afghanistan zu investieren.
Am 20. Oktobter soll in Afghanistan ein neues Parlament und neue Provinzräte gewählt werden. Eigentlich sollte die Wahl schon im Juli stattfinden, aber wegen der angespannten Sicherheitslage im Land wurde sie verschoben. Der Einfluss der radikalislamischen Taliban wächst wieder, immer neue Anschläge verunsichern das Land.
Afghanistan gehört zu den Ländern mit den meisten Flüchtlingen weltweit: 2,6 Millionen Afghanen waren vergangenes Jahr auf der Flucht. Aus Deutschland flossen im Jahr 2017 mehr als 100 Millionen Euro Entwicklungshilfe nach Afghanistan. Wegen der Sicherheitslage ist es aber nur selten möglich, die unterstützten Projekte zu besuchen.

"Deutschland hilft den Falschen"
Die Fehler der Aufbauhilfe in Afghanistan
Von Marc Thörner

Mit Daniel Berger, Jochen Langner, Sascha Tschorn und Katharina Wolter
Regie: Matthias Kapohl
Redaktion: Wolfgang Schiller
Produktion: Dlf 2018

Marc Thörner wurde 1964 in Hamburg geboren. Der Journalist und Sachbuchautor hat Geschichts- und Islamwissenschaften an der Universität Hamburg studiert. Schwerpunkte seiner Arbeit sind die Maghreb-Länder, die Golfstaaten, der Irak, Pakistan und Afghanistan. Er lebt in Hamburg und Rabat.
Anmerkung der Redaktion: Die im Feature genannten Martin Schuldes und Florian Smitmans waren in Afghanistan nicht für die GIZ selbst tätig sondern für das beauftragende Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). In dieser Funktion haben sie die Projekte der GIZ betreut.