Das Feature

Blandine Ebinger und das verschwundene Cabaret

Juan Allende-Blin |
Ein "schlankes Mädchen mit einem Gesicht bleich-bleicher-am bleichesten" - so beschrieb der Komponist Friedrich Hollaender die junge Blandine Ebinger. Sie war Schauspielerin im Berlin der legendären zwanziger Jahre, z.B. die Ophelia in Jessners "Hamlet"-Inszenierung, der berühmten "im Frack". Brecht war von ihr fasziniert, und als sie in seinem "Baal" auftrat, urteilte Alfred Kerr: "Blandine Ebinger in der Knospigkeit prachtvoll." "Ich werde dir Dramen in vier Versen schreiben", sagte Hollaender zu ihr. Und er schrieb für sie u.a. den Chansonzyklus "Lieder eines armen Mädchens". Auch Walter Mehring und Klabund dichteten für sie. So begann sie eine zweite Karriere im Cabaret. 1937 folgte sie Hollaender, den sie inzwischen geheiratet hatte, in die Emigration. 1946 kehrte sie aus Californien zurück. Sie trat auch wieder in Berlin auf, u.a. in Boleslaw Barlogs Ensemble. Und sie filmte. Aber ihr Berliner Cabaret von damals, das existierte nicht mehr. Als 1974 in Berlin Schönbergs 100. Geburtstag gefeiert wurde, trat sie noch einmal mit den "Liedern eines armen Mädchens" auf, und es wurde ihr Triumph. Blandine Ebinger wäre am 4. November 100 Jahre alt geworden.