Die Stadt durchs Kaleidoskop gesehen

Bis zu einem Jahr dauert es, bis ein Feature sendefertig ist, erklärt Redakteur Ingo Kottkamp. Die aktuelle Serie "Wem gehört die Stadt" zeigt aus unterschiedlichen Perspektiven, was Gentrifizierung bedeutet.
Deutschlandradio Kultur: Was erfahren die Hörer in der Serie "Wem gehört die Stadt"?
Kottkamp: Wie drängend und brutal das Problem der Gentrifizierung werden kann, hört man in "Die letzten Mieter". Doch unter den Gentrifizierungsgegnern finden sich auch Wohnungsbesitzer wie in "Kreuzberg von oben". Wir versuchen, mit Perspektivwechseln wie durch ein Kaleidoskop den Blick für die Vielfalt der Stadt zu schärfen. Wichtig war mir auch, dass nicht die Geschichte oder Idee der Stadt im Vordergrund steht, sondern ihre Gegenwart.
Deutschlandradio Kultur: Die Feature-Serie enthält vier Teile. Wann haben Sie mit der Planung begonnen?
Kottkamp: Ich habe ungefähr vor einem Dreiviertel Jahr damit angefangen. Den Anfang haben die zwei Projekte "SO 36" und "Kreuzberg von oben" gemacht, die einfach schon geplant waren. Daraus entstand allmählich die Reihe - die übrigens keine Berlin-Reihe ist, obwohl alle Stücke dort spielen. Die Geschichten stehen stellvertretend für das, was in vielen Städten passiert.
Deutschlandradio Kultur: Wie lange dauert es überhaupt, bis ein Feature fertig ist?
Während der Produktion des Features "SO36"
Bei der Produktion des Features "SO36"© Deutschlandradio Kultur/ Sandra Ketterer
Kottkamp: Das ist sehr unterschiedlich. "SO36" zum Beispiel wurde mir im April oder Mai vergangenen Jahres vorgeschlagen. Danach hat die Autorin ein halbes Jahr lang intensiv recherchiert, zahlreiche Interviews geführt und in Archiven nach Informationen gesucht. Der Autor von "Kreuzberg von oben" wohnt seit vielen Jahren in dem Bezirk. Er hat seit Jahren Töne aufgenommen. Wenn man so will, hat dieses Feature vier oder fünf Jahre gedauert. Im Schnitt kann man sagen, dass es ein Dreivierteljahr bis ein Jahr dauert, bis ein Stück fertig ist.
Deutschlandradio Kultur: Wie geht ein Feature-Autor überhaupt vor? Was sind seine einzelnen Arbeitsschritte?
Kottkamp: Am Anfang steht natürlich eine Idee, zu der nicht nur ein Thema, sondern auch ein Ansatz, eine Haltung, eine Formidee gehört. Dann folgt die Materialrecherche und wir denken gemeinsam über die Umsetzung nach. Zum Beispiel, wo die Leute interviewt werden. Bei "SO36" war uns schnell klar, dass es am Wirkungsvollsten ist, wenn ein Protagonist der ersten Stunde wie Frieder Butzmann nach etlichen Jahren wieder ins heutige SO 36 kommt und dort spricht. Danach folgt die Manuskriptphase. Es gibt oft drei, vier, fünf Fassungen, bis wir zufrieden sind. Wie werden einzelne Aspekte gewichtet? Welche Perspektive, welcher Akteur fehlt noch? Dann werden die O-Töne vorgeschnitten und Schauspieler ausgewählt. Wenn wir Musik oder Filmausschnitte verwenden, müssen wir eventuell noch über die Rechte verhandeln. Die Produktion selbst dauert dann noch einmal durchschnittlich fünf Tage.

Das Feature über das SO36 in der Reihe "Wem gehört die Stadt?" läuft am 25. Januar 2014 um 18:05 Uhr auf Deutschlandradio Kultur.

ske
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