Die Tagebücher des Victor Klemperer

Zeugnis ablegen (6/6)

Deutschland 1935: Aufmarsch des Arbeitsdienstes in Nürnberg beim Reichsparteitag auf dem Zeppelinfeld. Die Fotografie ist violett eingefärbt.
Die Geschichte geht weiter – Victor Klemperers Tagebücher 1918-1959 (Teil 2) © picture alliance / brandstaetter images / Austrian Archives / Grafik Deutschlandradio
Von Victor Klemperer |
• Zeitdokument • „Ich habe kein Veronal. Ich habe keinen Mut.“ Im Chaos der Zerstörung Dresdens entfernt Victor Klemperer den gelben Stern. Präzise dokumentiert er seinen Alltag bis zum Kriegsende, das er mit seiner Ehefrau in Bayern erlebt.
Für Klemperer und seine Frau wird die Zerstörung Dresdens am 13. und 14. Februar 1945 zur Rettung. Im allgemeinen Chaos trennt er den gelben Stern vom Mantel ab. Es beginnt eine Odyssee, die die Eheleute bis nach Bayern führt, wo sie das Kriegsende erleben. „Ich habe kein Veronal. Ich habe keinen Mut. Und ich muss ja das 3. Reich zu überleben versuchen, damit Evas Witwenpension sichergestellt ist.“ Der sechste Teil der Funkbearbeitung umfasst die Jahre 1943 bis 1945.
Nach den Bombenangriffen amerikanischer und britischer Flugzeuge auf Dresden am 13. und 14.02.1945 werden die zahlreichen Leichen, die auf der Straße liegen, geborgen. Bei dem Angriff wurde die historische Innenstadt von Dresden nahezu völlig zerstört, bis zu 35.000 Menschen wurden getötet.
Opfer des Bombenangriffs auf Dresden 1945.© picture alliance / dpa
Victor Klemperers Tagebucheintragungen, die dem sechsteiligen Hörspiel „Zeugnis ablegen“ zugrunde liegen, reichen vom 14. Januar 1933 bis zum 10. Juni 1945, als er in das zerstörte Dresden zurückkehrte – einer der wenigen überlebenden Juden dieser Stadt. Die detaillierten Beschreibungen seiner Alltagserfahrungen in einem Deutschland, in welchem jüdisches Leben immer unmöglicher wird, bleiben ein wichtiges und bewegendes Zeitdokument.
Mehr zum Thema in unserem Podcast mit Leonie Schöler: „Die Geschichte geht weiter – Victor Klemperers Tagebücher 1918-1959“.

Zeugnis ablegen (6/6)
Die Tagebücher des Victor Klemperer
Sechster Teil: Die Jahre 1943–1945
Von Victor Klemperer
Bearbeitung: Klaus Schlesinger
Regie: Peter Groeger
Mit: Udo Samel
Ton und Technik: Peter Kainz und Dagmar Looke
Produktion: DLR Berlin/ORB 1996
Länge: 54'37

Eine Wiederholung vom 09.10.2019

Victor Klemperer (1881–1960), Sohn eines Rabbiners aus Landsberg/Warthe, war ein namhafter Romanist, seit 1920 Professor an der Technischen Hochschule in Dresden, wo er 1935 zwangsentlassen wurde. Von 1945 bis 1960 arbeitete er erneut als Hochschullehrer in Dresden, Greifswald, Halle und Berlin. Er verfasste zahlreiche Veröffentlichungen zur Geschichte der italienischen und französischen Literatur. Berühmt wurde er mit seiner Abhandlung von „LTI – Notizbuch eines Philologen“ (1947), in der er die ideologische Verwendung der deutschen Sprache in der Nazizeit analysiert.

Der Romanist und Philologe Victor Klemperer in einer zeitgenössischen Aufnahme. Er wurde am 9. Oktober 1881 in Landsberg (Warthe) geboren und ist am 11. Februar 1960 in Dresden gestorben.
Der Romanist und Philologe Victor Klemperer in einer zeitgenössischen Aufnahme. Er wurde am 9. Oktober 1881 in Landsberg (Warthe) geboren und ist am 11. Februar 1960 in Dresden gestorben.© picture alliance / dpa / Fotoreport Aufbau Verlag

Klaus Schlesinger (1937–2001) schrieb als Schriftsteller und Journalist Prosa, Hörspiele, Reportagen und Essays. 1980 übersiedelte er von Ost- nach West-Berlin. Hörspielfassung der Klemperer-Tagebücher aus den Jahren 1933–45 „Zeugnis ablegen“ (DLR Berlin/ORB 1996), aus den Jahren 1918–32 „Leben sammeln“ (DLR Berlin/ORB 1997) und über die DDR-Zeit der Klemperers „Zwischen allen Stühlen“ (DLR Berlin/SFB-ORB 1999).

Klaus Schlesinger hat ein Leben im Osten und eins im Westen geführt - zwei Biografien, die der Schriftsteller nicht vereinen kann.
Klaus Schlesinger hat ein Leben im Osten und eins im Westen geführt - zwei Biografien, die der Schriftsteller nicht vereinen kann.© picture alliance / dpa / Markus Wächter
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