Stich für Stich
Ein deutscher Unternehmer in Bulgarien
Von Mirko Schwanitz
Regie: Claudia Kattanek
Es sprachen: Stefko Hanushevsky, Gregor Höppner, Tom Jacobs, Yvon Jansen und Anja Jazeschan
Ton und Technik: Wolfgang Rixius und Kiwi Eddy
Redaktion: Wolfgang Schiller
Produktion: Deutschlandfunk 2020
Eine Wiederholung vom 25.02.2020.
Stich für Stich
44:28 Minuten
Der Deutsche Bertram Rollmann ist einer der größten Bekleidungshersteller in Bulgarien. Doch seit 2015 hat er zwei Drittel seiner Belegschaft verloren. Auch für Bulgaren gilt inzwischen die Arbeitnehmerfreizügigkeit. Die Folgen für das Land und die Wirtschaft dort sind verheerend.
Bertram Rollmann stammt aus einer deutschen Schneiderfamilie. 1981 kauft sein Vater eine insolvente Kleiderfabrik in Griechenland. Er bittet den Sohn, das Unternehmen zu restrukturieren. Da ist Rollmann 25 Jahre alt, Griechenland hat gerade die Militärdiktatur hinter sich, und die Frauen an den Nähmaschinen singen noch Kampflieder.
1993 geht er in das nach dem Fall des Eisernen Vorhangs in Agonie liegende Bulgarien, baut eine weitere Fabrik auf und wird binnen weniger Jahre der größte Bekleidungshersteller des Landes. Er bildet aus. Unterstützt Berufsschulen. Zahlt immer pünktlich und über dem Durchschnitt. Gibt Tausenden Menschen Arbeit.
Seit 2015 laufen ihm die Leute davon. An manchen Tagen erhielt er mehr als 100 Kündigungen. Was passiert hier eigentlich? - Das Feature erzählt erstmals konsequent aus dem Blickwinkel eines Unternehmers vom Preisdruck des Marktes, den Folgen der Globalisierung für Europas Textilindustrie und davon, welch katastrophale Auswirkungen die Freizügigkeit von Arbeitnehmern im Zusammenspiel mit der Sozialpolitik der EU für die Länder Osteuropas hat.
Update 2022: Bertram Rollmann versucht neue Arbeitskräfte inzwischen aus Usbekistan und Bangladesch anzuwerben. Der Mindestlohn in Bulgarien liegt im Jahr 2022 bei 332 Euro im Monat. Seit dem Brexit gehen kaum noch bulgarische Arbeiterinnen und Arbeiter nach Großbritannien. Das Schema, mit kurzfristiger Saisonarbeit in einem reichen EU-Land ein hohes Arbeitslosengeld zu kassieren, hat sich auf Spanien und Frankreich verlagert. Inzwischen gehen aber die spanische und die bulgarische Regierung dagegen vor.
Mirko Schwanitz wurde in Halle an der Saale geboren und studierte Journalistik in Leipzig. Er berichtet als freier Korrespondent für unterschiedliche Hörfunksender und Zeitschriften aus Südosteuropa.