Die sieben Leben der Margarethenhütte
Eine ostdeutsche Industriegeschichte
Von Holger Siemann
Regie: Claudia Kattanek
Es sprachen: Kathrin Baumhöfer, Gregor Höppner und Jodokus Krämer
Ton und Technik: Christoph Bette
Redaktion: Wolfgang Schiller
Produktion: Deutschlandfunk 2020
Eine ostdeutsche Industriegeschichte
Protest von ehemaligen Mitarbeiter der Margarethenhütte in Großdubrau (Sachsen) gegen die Politik der Treuhandanstalt 1992 vor dem Bundeskanzleramt in Bonn. © imago/sepp spiegl
Die sieben Leben der Margarethenhütte
43:55 Minuten
Das Isolatorenwerk Margarethenhütte Großdubrau - international konkurrenzfähig, nach der Wende trotzdem verscherbelt und dichtgemacht. Die Geschichte wurde zum Symbol für die willkürliche Deindustrialisierung des Ostens, die Geringschätzung der Ostdeutschen, das Versagen der Treuhand. Nur: die Geschichte stimmt so nicht.
Zu DDR Zeiten waren die Isolatoren aus der Margarethenhütte, dem VEB Elektroporzellan Großdubrau, ein devisenbringender Exportschlager. Die Mitarbeiter waren sicher, sie würden von der Wende profitieren. Um so tiefer saß der Schock, als das Aus kam. Demonstrationen, Werksbesetzungen, Protestfahrten nach Bonn - nichts half.
20 Jahre später skandalisierte die sächsische Staatsministerin Petra Köpping die Geschichte. Ein Käufer aus dem Westen habe die Fabrik für eine Mark von der Treuhand gekauft und die Maschinen bei Nacht und Nebel abtransportieren lassen. Nichts davon stimmt. Detlef Scheunert, der einzige Ostler unter den Treuhanddirektoren meint: Die Abwicklung war alternativlos, und die Skandalisierung hilft nur denen, die einen Sündenbock suchen.
Die Menschen in Großdubrau gründeten einen Verein - zuerst in der Hoffnung, ihre Fabrik zu retten, später um zu bewahren, was nach der Abwicklung davon übrig war. Sie bauten ein Museum auf, das an Schinderei, Alltag und das manchmal komische Heldentum der Planerfüllung erinnert. 30 Jahre nach der Schließung versuchen sie, ihre stummen Kollegen zum Reden zu bringen, zum Erinnern, zum Erzählen, denn sie wissen: Ohne Geschichten ist die Geschichte weg, und das Leben, als wäre es nie gewesen.
Holger Siemann, 1962 in Leipzig geboren, studierte Philosophie in Berlin. Er war Offizier, Schauspieler, Sozialwissenschaftler und Familienhelfer. Seit 2001 arbeitet er als freier Autor u.a. von Hörspielen, Features, Libretti und Romanen. Er lebt in Berlin und auf einem Hof in der Uckermark.