Dein Reich komme, unser Wille geschehe
Armageddon - eine amerikanische Obsession
Von Tom Schimmeck
Mit: Hüseyin M. Cirpici, Demet Fey, Judith Jakob,
Leonie Renee Klein, Jochen Langner,
Thomas Balou Martin, Sebastian Schlemmer,
David Vormweg und dem Autor
Ton und Technik: Wolfgang Rixius und Jens Müller
Regie: Matthias Kapohl
Redaktion: Wolfgang Schiller
Produkion: Deutschlandfunk 2023
Armageddon - eine amerikanische Obsession
Hinweisschild zur Concordia Baptist Church in Florida. © Deutschlandradio / Tom Schimmeck
Dein Reich komme, unser Wille geschehe
54:30 Minuten
Die USA gelten als Land des Optimismus. Und doch erwarten sehr viele US-Amerikaner das baldige Ende der Menschheit, die Apokalypse, gekrönt von Armageddon, Gottes finaler Schlacht gegen alles Böse auf Erden. Sie nehmen die Bibel wortwörtlich.
Schon die ersten puritanischen Siedler hielten ihr Amerika für das „neue Jerusalem“, für „Gottes eigenes Land“. Und noch heute glauben viele bibeltreue Amerikaner fest daran, dass nur sie – die Lebenden wie die „Toten in Christus“ – zur Schar der Auserwählten zählen werden, die rechtzeitig evakuiert werden – heimgeholt, buchstäblich von der Erde gepflückt, wo immer sie gerade sind – bei der Arbeit, unter der Dusche, auf der Autobahn.
Das hat Jesus im Johannes-Evangelium versprochen: Wenn alles bereitet sei, „will ich wiederkommen und euch zu mir nehmen, damit ihr seid, wo ich bin“. In der Offenbarung steht auch geschrieben, dass dieser zweite Auftritt von Jesus auf Erden von Krieg und Katastrophen eingeläutet wird, einer blutigen Zeit des Grauens, von der nur die wahrhaft Getreuen verschont bleiben. Der genaue Ablauf ist zwischen den Kirchen und Sekten umstritten. Insbesondere, wann genau jenes paradiesische Millennium kommen wird – ein Tausendjähriges Reich irdischen Glücks, das der Wiederkunft Jesu folgen soll.
Dieser Glaube voller Sehnsucht und Schrecken prägt die Populärkultur der USA. Und ist politisch aufgeladen: „Wir stehen vor dem Armageddon und kämpfen für den Herrn“, deklamierte schon Theodore Roosevelt, als er 1912 in Chicago seine Progressive Partei gründete. Im Wahlkampf 2016 verbündete sich Donald Trump mit dem zornigen Flügel der Christen, die ihn seither als Retter verehren, der die USA vor Frevel und Sünde befreien wird.
Sie waren begeistert, als er die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen ließ. Denn in ihrem Drehbuch für die letzte Schlacht gegen Satan spielt Israel eine Schlüsselrolle. Die „Könige der ganzen Erde“, so sagt es die Offenbarung, werden „für den Krieg am großen Tag Gottes“ am Berg von Megiddo im Norden Israels zusammengeholt.
Tom Schimmeck, 1959 in Hamburg geboren, arbeitet seit 1979 als politischer Journalist für Presse und Hörfunk. Über Helmut Kohls ersten Wahlsieg 1983 berichtete er aus Bonn. Seit 2004 macht er Radiofeatures für den Deutschlandfunk und die ARD. Seine Arbeit wurde u.a. mit dem Otto-Brenner-Preis, dem Ernst-Schneider-Preis, dem Schweizer Featurepreis, dem RIAS-Radiopreis und dem Alternativen Medienpreis ausgezeichnet.