Historiografie

Wenn Geschichte anders verlaufen wäre, als sie verlief

Die sogenannten "Trümmerfrauen" arbeiten im Mai 1945 in Berlin an der Beseitigung der Trümmer von im 2. Weltkrieg zerstörten Häusern.
Was wäre, wenn Berlin im Zweiten Weltkrieg nicht zerbombt worden wäre? Die kontrafaktische Geschichtsschreibung setzt sich mit diesen Fragen auseinander. © picture-alliance / Ursula Röhnert
Von Florian Felix Weyh |
Geschichte ist klar definiert als unveränderbare Vergangenheit. Wenn sich Schriftsteller fantasievoll darüber hermachen, entsteht zuweilen eine kontrafaktische Erzählung - das Bild einer Welt, wie sie sein könnte, aber nicht geworden ist. Literaten dürfen so etwas, Historiker nicht.
Wenn Professoren mit kontrafaktischen Denksprengsätzen hantieren, können sie sich den Vorwurf unwissenschaftlicher Versponnenheit einhandeln. Im angelsächsischen Raum jedoch blüht unter Fachleuten das Spiel mit der Uchronie, der Möglichkeitsform der Geschichte. Zuletzt legte der renommierte Historiker Richard J. Evans ein kontrafaktisches Geschichtsbuch vor. Doch was bringt es, rückwirkend in Alternativen zu denken? Kontrafaktische Spekulationen offenbaren, dass nach jeder noch so kleinen Handlungsweise ein anderer Verlauf möglich wäre. Nicht nur der Erfolg von Filmen wie ‚Lola rennt‘ von Tom Tykwer oder Büchern wie ‚Vaterland‘ von Robert Harris zeigt, wie reizvoll diese geistigen Spiralen sein können.
Produktion: DLF 2015