Hörspiel des Monats Januar 2024

Im Auge des Sturms

Ein Pro-Trump-Protestant am Haupteingang zum US-amerikanischen Kapitol in Washington, DC, nachdem das Kapitol am 6. Januar 2021 gestürmt wurde.
Der Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 war ein Sturm auf die Demokratie. © imago images / Bildbyran / Joel Marklund
von Maxi Obexer |
Das Hörspiel "Im Auge des Sturms" wurde von der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste in Frankfurt am Main zum Hörspiel des Monats Januar 2024 gekürt.
Das Hörspiel wurde von der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste in Frankfurt am Main zum Hörspiel des Monats Januar 2024 gekürt.
Begründung der Jury der Akademie der Darstellenden Künste:
"6. Januar 2021, Washington DC. Aus einer politischen Formalie wird ein Drama mit fünf Toten und vielen Verletzten, das als 'Der Sturm auf das Kapitol' in die Geschichte eingehen wird - aus diesem Drama entsteht das Doku-Hörspiel 'Im Auge des Sturms' von Maxi Obexer für den WDR. Im Kapitol tagt an diesem Tag der Kongress, um den letzten Schritt vor der Ernennung des neuen US-Präsidenten Joe Biden zu vollziehen: die Anerkennung der Wahlergebnisse, welche zuvor Gegenstand von 50 verlorenen Prozessen des Trump-Lagers waren. Parallel dazu wiederholt der noch amtierende Präsident an einer Protestveranstaltung vor zehntausend Anhängern sein Mantra eines groß angelegten 'Wahlbetrugs' und ruft seine Fans zum Marsch auf das Kapitol auf: 'We are going to walk down to Pennsylvania Avenue… Wir werden nie aufgeben, wir werden nie eine Wahlniederlage anerkennen.'
Die Schriftstellerin Obexer erkannte das theatrale Potential des Kampfs um politische Entscheidungsprozesse: Das Ringen um Positionen, garniert mit patriotischem Pathos, der Druck des Volkszorns auf den plötzlich ungeschützten Raum der Debatte und die daraus resultierende Angst um die eigene Sicherheit ergeben eine brisante Mischung.
Das Hörspiel gibt nicht nur den Herausforderungen der USA, sondern auch jenen europäischen Demokratien eine Stimme, die auf bedrohliche Weise die Grenzen der Rechtsstaatlichkeit streifen. Auf dem Spiel steht nicht weniger als das System selbst. Die Originaltöne von der Sitzung des Kongresses, die erst in den frühen Morgenstunden ihr Ende findet, hat Obexer zu einer stringenten und rasanten Geschichte zusammengefügt.
Drei Jahre nach den Ereignissen hat das Hörstück wieder ungeheure Aktualität erhalten, steht doch derselbe Mann, dem man den 'Putschversuch' vorwarf, erneut auf der Bühne und fährt im Kampf um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner klare Siege ein. 'Im Auge des Sturms' verwebt das 'Innen' der politischen Akteure galant mit dem 'Außen' der ins Haus dringenden Krawalle und führt uns damit den Druck vor Augen, der in diesen Stunden auf dem System lastet.
Es geht um Machtkämpfe, um Regularien, die bis zur Absurdität ausgereizt werden. Und dann geht es plötzlich auch um Menschlichkeit, das 'Herz' und die 'Seele' Amerikas, in dem 'das Flüstern Gottes' gleich neben dem im Kongress zitierten Gründervater John Adams steht. Adams: 'Denken Sie daran, dass die Demokratie nie lange währt. Sie ist verschwenderisch, erschöpft sich schnell und bringt sich am Ende selbst um.'
Vertrauen wir auf Fakten, Gerichte und Wahlen? Regieren Gesetze? Oder regieren der Mob und Verschwörungstheorien? Die Erschütterung unter den Volksvertretern ist groß, aber wird sie ausreichen? Die Jury zeigt sich von dem sorgsamen Aufbereiten des historischen Ereignisses, das bis heute nachhallt, beeindruckt."
Die Deutsche Akademie der Darstellenden Künste in Frankfurt am Main zeichnet jeden Monat ein Hörspiel aus den Produktionen der ARD-Anstalten aus. Die Entscheidung über das HÖRSPIEL DES MONATS trifft eine Jury, die jeweils für ein Jahr unter der Schirmherrschaft einer ARD-Anstalt arbeitet. Am Ende des Jahres wählt die Jury aus den 12 Hörspielen des Monats das HÖRSPIEL DES JAHRES.

Hörspiel des Monats Januar 2024
Auge des Sturms
Das Kapitol am 6. Januar 2021
von Maxi Obexer
Regie: Gerrit Booms
Mit: Sabrina Ceesay, Claudius Steffens, Victoria Trauttmansdorff, Hans-Gerd Kilbinger, Glenn Goltz, Enno Kalisch, Friederike Linke, Mi Hae Lee
Ton und Technik: Werner Jäger und Barbara Göbel
Produktion WDR 2024
Länge: 52'55

Empfehlungen