Hörspiel nach Arno Schmidt

Schwarze Spiegel contd.

Arno Schmidts Dystopie über die beiden letzten Menschen in unsere nahe Zukunft verlegt. "Bloß gut, dass alles zu Ende ist!"
Arno Schmidts Dystopie über die beiden letzten Menschen in unsere nahe Zukunft verlegt. "Bloß gut, dass alles zu Ende ist!" © Unsplash/ Marc-Oliver Jodoin
Von Arno Schmidt |
In einer postapokalyptischen Welt, in der nahezu alles Leben ausgelöscht ist, treffen zwei letzte Überlebende in Norddeutschland aufeinander. Eine trotzig-dystopische Paradiesvorstellung von Arno Schmidt aus dem Jahr 1960 - aktualisiert für die Jetztzeit.
Arno Schmidt lässt in seiner Paradies-Dystopie, die letzten beiden Überlebenden eines Atomkrieges auf der verwaisten Erde aufeinandertreffen. Eigensinnig und lustvoll geht es zwischen Adam und Eva zu, nachdem die Eine den Anderen um ein Haar erschossen hätte. Anna Pein hat Schmidts Endzeit-Vision weitergeschrieben und um zahlreiche aktuelle Zeitbezüge und Plagen der Menschheit erweitert: "Kultur!? Was war denn das zuletzt für eine miese Melange aus Instagram und Staatsknete und Internet und Kapital in ewiggleichem GV mit dem Pietismus?!"
"Schwarze Spiegel", die letzte Erzählung der Trilogie "Nobodaddy‘s Kinder", erschien erstmals 1951, als der Weltkrieg noch nicht weit zurücklag, sich die Welt aber bereits im Kalten Krieg befand und in Deutschland die Wiederaufrüstung diskutiert wurde. Wundervoll kauzig, verspielt und lustvoll geht es zu zwischen den beiden letzten Menschen, nachdem sie sich zunächst fast gegenseitig erschossen hätten. "Sie schlief auf der Riesencouch (Einsdreißig breit!), und: "Ich leg mich in die Küche", stellte ich beklommen fest. "Hm-M" machte sie, nicht ohne Wohlwollen: das versprach ein Roman zu werden, mit allem avec." So könnte es doch wirklich für die Menschheit eine zweite Chance geben!
Aber nein. Denn leider – und auch glücklicherweise - gibt es selbst unter diesen extremen Bedingungen die Möglichkeit einer freien Wahl: Eva wird, als ihr der Mann doch wieder zu betulich und häuslich zu werden droht, nach einer Zeit trauter Zweisamkeit das Weite suchen; und der gelehrte Mann, unschwer als alter ego des Autors zu identifizieren, bleibt einsam zurück. Die Zerstörung der Erde durch die Unvernunft der Menschen, sei es durch Umweltzerstörung, sei es durch Krieg, ist mehr denn je heute wieder das Thema, das uns beschäftigt.
Autorin Anna Pein, die schon mit ihrer preisgekrönten Hörspieladaption von Arno Schmidts Kurzroman "Die Umsiedler", inszeniert von Oliver Sturm, die Aktualität des in der Nachkriegszeit verorteten Stoffes unter Beweis gestellt hat, will nun auch die "Schwarzen Spiegel" ins Heute überführen.

Schwarze Spiegel contd.
Nach der Erzählung
Von Arno Schmidt
Bearbeitung: Anna Pein
Regie: Oliver Sturm
Mit: Tilo Werner, Sascha Icks
Komposition: Werner Cee
Ton und Technik: Manuel Glowczewski, Jan Merget
NDR 2021
Länge: 83'33

Arno Schmidt, 1914-1979, deutscher Schriftsteller. Schmidt hat die deutsche Literatur nach dem Zweiten Weltkrieg entscheidend mitgeprägt. Sein Werk zählt heute zu den Klassikern der Moderne. Zu Lebzeiten hat er Leserschaft wie Literaturbetrieb gespalten: Einerseits hat man ihn als einen Künstler des Wortes bewundert, andererseits haben Kritiker ihn immer wieder verrissen.