Hörspiel über die französische Provinz im 19. Jahrhundert

Eugénie Grandet (1/3)

59:06 Minuten
Illustration von Vater Grandet, einer Figur von Honoré de Balzac, mit Zylinder vor einem gedeckten Tisch.
Vater Grandet: einer der reichsten Männer der französischen Provinz und dabei gnadenlos geizig. © Moni Illustration / United Archives / imago
Von Honoré de Balzac |
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Für den Winzer Grandet zählen nur zwei Dinge: Sein Reichtum und seine Tochter Eugénie. Die ländliche Einfalt der Grandets wird mit dem modernen Habitus der Großstadt konfrontiert, als Cousin Charles aus Paris auftaucht.
Im Leben des Winzers Grandet gibt es nur zwei Dinge, die ihm etwas bedeuten: Sein Reichtum und seine Tochter Eugénie. Als Alleinerbin ist diese bald Ziel von Heiratsavancen und Schmeicheleien. Auch daraus weiß der Vater noch Gewinn für sich zu ziehen. Eugénie selbst wehrt sich kaum gegen das Korsett aus Geiz und Vorschriften. Am Abend ihres 23. Geburtstags kommt unerwarteter Besuch aus Paris: Charles, Grandets Neffe und Eugénies Cousin. Er wird für einige Zeit bei der Familie wohnen.
Ausschnitt

Eugénie Grandet (1/3)
Hörspiel nach Honoré de Balzac
Bearbeitung: Helmut Peschina
Regie: Marguerite Gateau
Mit: Matthias Habich, Lisa Hrdina, Verena von Behr, Laurenz Laufenberg, Erika Skrotzki, Peter Matić, Max von Pufendorf, Maren Kroymann, Sabine Falkenberg, Christian Grashof, Jakob Diehl, Martin Engler, Martin Seifert, Maria Hartmann, Bernardo Arias Porras
Komposition: Christian Zanesi
Ton: Jean Szymczak
Produktion: Deutschlandradio Kultur 2015
Länge: 59’00

Das Hörspiel "Eugénie Grandet" nach Honoré de Balzac in der Bearbeitung von Helmut Peschina ist von der Jury der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste zum Hörspiel des Monats März 2016 gewählt worden:
"Die Wahl des Stoffes, die unbedingte Liebe und Treue, wird dramaturgisch zu einem spannenden Lehrstück über die moderne Gesellschaft, in der das Geld zum höchsten Wert erklärt wird und in der für zwischenmenschliche Gefühle kein Raum zu sein scheint. Der "verderbten Welt" versucht die anrührende Eugénie Grandet zu trotzen. Auch wenn Geiz und Habgier in Balzacs Roman, der 1834 als Teil seiner grandiosen "Comédie humanine" erschienen ist, schließlich doch siegen, so haben sie nicht das letzte Wort. Es ist die Liebe Eugénie Grandets, die trotz des Verrats des Geliebten, an ihrer konsequenten Haltung festzuhalten versucht.
Ein wichtiger Beitrag zur Dramaturgie liegt in der Musik des Pariser Komponisten Christian Zanesi. Mit klanglichen Icons schafft er es, die Bedeutung eines Erzählstranges in einen Moment zu kondensieren, eigene Gedankenräume herzustellen, während die Erzählung weiterläuft. Er macht den Abgrund, dem die Protagonisten entgegen streben, spürbar. Dabei verteilt er das klangliche Vokabular sparsam und äußerst subtil, verhalten, feinfühlig und präzise. Es gelingt ihm den Text fast unbemerkt zu transformieren und die Spannung ohne jegliches Pathos bis zum Zerreißen zu steigern.
Gelungen sind Hörspiele, die klassische Texte als Vorlagen haben, wenn sie nicht nur eine Spannung erzeugen, die den Hörer in den Bann zieht – und das auch noch bei drei Sendeterminen – sondern wenn es ihnen gelingt, den kanonisierten literarischen Werken durch die dramaturgischen und technischen Mittel eine ganz eigene, überraschende und aktuelle Bedeutungsebene zu verleihen. Der Produktion "Eugenie Grandet" nach Honoré Balzac gelingt dies unter der Regie von Marguerite Gateau und in der Bearbeitung von Helmut Peschina absolut überzeugend."

Der Autor und Herausgeber Helmut Peschina wurde 1943 in Klosterneuburg bei Wien geboren. Er publiziert seit mehreren Jahren unter anderem zu Joseph Roth, zuletzt veröffentlichte er dessen "Feuilletons zur Welt des Kinos". Peschina schreibt Theaterstücke und bearbeitet Texte für den Hörfunk. Für Deutschlandradio Kultur adaptierte er zuletzt "Vater Goriot" (Dlf Kultur 2017). Mit der Bearbeitung von Hans Leberts "Wolfshaut" gewann Peschina 2005 den ORF-Hörspielpreis, wie auch 2002 für Canettis "Blendung". Helmut Peschina lebt und arbeitet in Wien.
Der Komponist und Musiker Christian Zanesi wurde 1952 im französischen Lourdes geboren. Mit 18 Jahren verließ er den Wallfahrtsort und studierte an der Universität in Pau, später am Pariser Konservatorium. Dort lernte Zanesi bei Pierre Schaeffer, dem Mitbegründer der Musique concrète, welche die Klänge der Umgebung - Technik, Natur - in Musik umsetzt. Viele Kompositionen Zanesis entspringen diesem Stil.
Für den Hörfunk schreibt und produziert Zanesi bereits seit mehr als 30 Jahren. Zuletzt komponierte er für Deutschlandradio Kultur die Musik zum Hörspiel "Eine Wiener Romanze". Das Feature "Ich bin ein Kind aus Lourdes" (Deutschlandradio Kultur 2011) begleitet ihn bei der Rückkehr in den Ort seiner Kindheit. Zanesi lebt und arbeitet in Paris.
Honoré de Balzac, 1799 in Tours geboren, zog 1814 mit seiner Familie nach Paris. Brach sein Jura-Studium vor den Abschlussprüfungen ab, um Schriftsteller zu werden und fand Eingang in die Welt des Adels. Um seinen kostspieligen Lebensstil zu finanzieren, musste Balzac immer mehr Texte veröffentlichen. In eine Mönchskutte gehüllt, schrieb er bis zu 17 Stunden am Tag, einzig am Leben gehalten durch den immensen Konsum von schwarzem Kaffee. Dennoch war Balzac die längste Zeit seines Lebens tief verschuldet. Erst 1850 erfüllte sich sein Traum, reich zu heiraten – doch noch im selben Jahr erlag er seinem erschöpften Herz. Sein Hauptwerk war die "Comédie humaine", ein Romanzyklus, der die Tugenden und Abgründe von Mensch und Gesellschaft erforscht. Von 137 geplanten Erzählungen konnte Balzac 91 vollenden. An "Vater Goriot" schrieb er von September 1834 bis Januar 1835. Deutschlandradio Kultur realisierte als Hörspiele außerdem "Eugénie Grandet" (DKultur 2015, Hörspiel des Monats März 2015) und "Cousine Lisbeth" (DKultur/RB 2017).

Zu den Teilen 2 und 3 von "Eugénie Grandet":
Hörspiel über eine ländliche Tragödie - Eugénie Grandet (2/3)
(Deutschlandfunk Kultur, Hörspiel, 22.05.2019, 21.30 Uhr)
Hörspiel über eine stolze Frau - Eugénie Grandet (3/3)
(Deutschlandfunk Kultur, Hörspiel, 29.05.2019, 21.30 Uhr)