Hörspielcollage über die Geschichte der Aufnahmetechnik (1/3)

schallarchiv - eine trilogie

Gramophone Used for Cinema Sound . This gramophone was owned by the Norwegian film pioneer and cinema director Hugo Hermansen. Gramophones were used in the earliest cinemas to accompany silent film. Emile Berliner, a German immigrant to the USA competed with Edison on several inventions. He used flat disks instead of cylinders, which was an advantage in the mass production of recordings. WHA PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxONLY !ACHTUNG AUFNAHMEDATUM GESCHÄTZT! Copyright: WHA UnitedArchivesWHA_048_0710
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Von Ulrich Bassenge und Bernhard Jugel |
„So werde ich zu dir sprechen jederzeit, wenn du mich rufst …” (Adolph Rechenberg 1899) „Recordare” heißt: wieder ins Herz zurückführen. In der Geschichte der Aufnahme zeigt sich die soziokulturelle Bedeutung scheinbarer Nebensachen. Im wilhelminischen Reich sprach man mit Stentorstimme auf den Zylinder - kein Zufall, auch wenn dieser kaiserliche Tonfall sich aus der Unzulänglichkeit des Aufnahmeverfahrens ergab.
Wer zu leise war, ging im Rauschen des Wachsens unter. Die elektrische Verstärkung wurde erst 1928 erfunden. Was als Kinderspiel begann - „Mary had a little lamb” - trällerte Edison auf seinen ersten Zylinder - trug in sich den Kern einer neuen Unterhaltungsindustrie.
In gemieteten Hotelzimmern, später in eigenen Aufnahmestudios, ging es zur Sache: Talent wurde verwertet, Matrizen geschnitten, Musik kommerzialisiert. Der heilige Moment des „first take” indes offenbart sich heute, im Zeitalter der Reissues als Mythos - die reichlich zutage gekommenen Fehlstarts und Studio-Schnipsel verraten es.
Erheiternd, gelegentlich ernüchternd, ist es, was Menschen vor Mikrofonen alles tun. Wir werden Zeugen des Privaten, ungewollt. Nicht zuletzt erzählen Aufnahmen von der Demokratisierung des Aufnahmeprozesses und der Produktionsmittel. Das Uher-Tonbandgerät ermöglichte in den 60er-Jahren ein neues Familienvergnügen: das tönende Tagebuch. Unzählige Archive des Alltags entstanden. Im selben Jahrzehnt suchten Tonbandstimmenforscher wie der notorische Konstantin Raudive den Gottesbeweis auf Magnetophonband.
Diese verlorenen Stimmen schließen den Kreis zum magischen Glauben der Epensänger im Balkan, die ihre Stimme in den Aufnahmekästen der Feldforscher gefangen wähnten. Hatte Homer ein Diktafon? Band läuft.

schallarchiv - eine trilogie
1. rolling/läuft
Von Ulrich Bassenge und Bernhard Jugel
Realisation: die Autoren
Produktion: BR 2003
(Teil 2 am 16.3.2021)