Van Goghs Schweigen
Von Christoph Prochnow
Regie: Andrea Getto
Mit: Jürg Löw, Matti Krause, Hanna Plaß, Nils Beckmann, Manuel Harder, Susanna Fernandez-Genebra, Svenja Liesau, Caroline Junghanns, Boris Burgstaller, Norbert Beilharz
Komposition: Michael Rodach
Ton und Technik: Burkhard Pitzer-Landeck und Claudia Peycke
DKultur 2015
Länge: 53'08
Eine Wiederholung vom 12.12.2016
Krimi-Hörspiel: Kommissar Jouberts dritter Fall
Vincent van Gogh hat Selbstmord begangen - oder gibt es Grund, das anzuzweifeln? Joubert und Cocu ermitteln in ihrem dritten Fall. © gettyimages / Ekaterina Goncharova / picture alliance / United Archives/ Grafik Deutschlandradio [M] uo
Van Goghs Schweigen
Hat van Gogh wirklich Selbstmord begangen? Tatort und Umstände sorgten schon immer für Gerüchte im Dorf. Sieben Jahre später deutet ein anonymer Brief auf eine neue Spur. Joubert und Cocu rollen den Fall wieder auf.
Im Spätsommer des Jahres 1897 erhält Kommissar Joubert von der Witwe des Kunsthändlers Theo van Gogh einen Brief, der ihr anonym zugespielt worden ist. Darin wird ein gewisser René Secretan beschuldigt, den Bruder des Kunsthändlers, den berühmten Maler Vincent van Gogh, sieben Jahre zuvor ermordet zu haben. Die Polizei ging damals trotz einiger Ungereimtheiten von einem Selbstmord oder Unfall aus. Vor allem, weil der schwerverletzte Maler bis zu seinem Tod beteuerte, selbst Hand an sich gelegt zu haben. Nun wird Kriminal-Assistent Cocu an den damaligen Tatort Auvers-sur-Oise geschickt, um die alten Ermittlungsergebnisse und die neuen Beschuldigungen zu überprüfen.
Christoph Prochnow, geboren 1942, studierte an der Filmhochschule Babelsberg, arbeitete im DEFA-Studio für Spielfilme und seit 1973 auch fürs Hörspiel. Er lebt in Berlin. Deutschlandradio Kultur produzierte „Todesphantasie“ (2008) und „Der letzte Schritt“ (2010). In „Der Zahn des Voltaire“ (2011) treten zum ersten Mal Joubert und Cocu auf. Das ungleiche Paar ermittelte zuletzt in „Das Ende von Laura und Paul“ (2017).
Historische Figuren in der Kunst als Spiegel des Autors?
Notizen von Christoph Prochnow zum Stück
Wie "richtig" oder "wirklichkeitsgetreu" müssen historische Figuren in der Kunst dargestellt werden? Eine der beliebtesten Journalistenfragen zum Thema lautet in etwa: Inwieweit entspricht die Darstellung Ihrer Hauptfigur der "historischen Wahrheit"? Als ob letztere irgendjemand kennen würde; weder Historiker noch Zeit- oder gar Augenzeugen. Zudem lernen heute schon unsere Kinder in der Schule, dass gleichnamige Gestalten in der Historie und in der Kunst zwei völlig verschiedene Schuhe sein können, nicht müssen!
Am einfachsten hat man es natürlich mit überlieferten Sagengestalten, die es in der historischen Wirklichkeit nie gegeben hat. So konnte Schiller seinen frei erfundenen "Wilhelm Tell" aus vielerlei alten Legenden zusammenbasteln und zum Schweizer Nationalhelden machen.
Problematischer ist schon Richard III. Erst kürzlich haben englische Wissenschaftler nicht nur dessen Gebeine ausgebuddelt, sondern auch übereinstimmend festgestellt, dass dies eigentlich ein "guter König" war, der nur durch gemeinen Verrat fiel und dessen angebliche Gräueltaten vermutlich auf Verleumdungen basieren. Sollten wir deshalb Shakespeares Stück, dass den letzten Plantagenet im Interesse oder gar Auftrag der Tudors zum Oberschurken stilisierte, als "bewusste Geschichtsfälschung" von unseren Bühnen verbannen?
Historische Figuren in der Kunst spiegeln also immer die Sicht ihrer Autoren oder Regisseure.
Doch wie weit dürfen die dabei von "historisch verbürgten Tatsachen" abweichen? Darf Tarantino seinen Hitler vorzeitig in einem französischen Kino umkommen lassen? Durfte Schiller seine beiden Königinnen in einer gemeinsamen Szene konfrontieren, obwohl die historische Elisabeth bekanntlich jeder persönlichen Begegnung auswich? Eigentlich alles irrelevante, wenn nicht unsinnige Fragen, auf die aber alle Autoren ihre eigene Antwort geben müssen.
Doch wie weit dürfen die dabei von "historisch verbürgten Tatsachen" abweichen? Darf Tarantino seinen Hitler vorzeitig in einem französischen Kino umkommen lassen? Durfte Schiller seine beiden Königinnen in einer gemeinsamen Szene konfrontieren, obwohl die historische Elisabeth bekanntlich jeder persönlichen Begegnung auswich? Eigentlich alles irrelevante, wenn nicht unsinnige Fragen, auf die aber alle Autoren ihre eigene Antwort geben müssen.
Die näheren Todesumstände Van Goghs
So auch wir, als wir uns der Versuchung ausgesetzt sahen, in unserer Reihe um tatsächliche oder erfundene französische Kriminalfälle aus der Zeit der Jahrhundertwende auch die näheren Todesumstände von Zola und Van Gogh zu behandeln. Dabei konnten wir uns bei beiden Hörspielen auf wissenschaftliche Forschungen und Erkenntnisse stützen, die in jeweils neuen Todes-Theorien gipfelten und auch international Beachtung fanden. Natürlich wurden auch die wieder angezweifelt, denn endgültige Wahrheiten gibt es bekanntlich kaum. Aber uns schienen diese Hypothesen so einleuchtend und schlüssig, dass wir sie zumindest zur Diskussion stellen wollten. Und dabei auch viele andere interessante Dinge über Zola und Van Gogh vermitteln konnten, die weniger strittig waren und sind.