Karteileichen

Es geschah in Berlin

08:05 Minuten
Figur mit Bettlaken und Schlitzen für die Augen als Gespenst. Der Schauspieler Casey Affleck in dem US-amerikanischen Spielfilm "A Ghost Story" aus dem Jahr 2017
Gehört das auf dem Friedhof gefundene Laken wirklich einem Gespenst? © picture alliance / ZUMA Press / Entertainment Pictures /
Von Anna Panknin |
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In unserer Reihe "Karteileichen" geht es diesmal um "Buntmetalldiebstähle auf Friedhöfen", eine von 499 Folgen der über 20 Jahre hinweg erfolgreichen RIAS-Hörspielserie "Es geschah in Berlin", die in enger Zusammenarbeit mit der Polizei entstand. Anna Panknin widmet sich mit Unterstützung von Redakteur Martin Hartwig der Wiederbelebung eines Klassikers.
In den letzten Ausgaben des Hörspielmagazins haben wir Ihnen die schönsten Krimifundstücke aus unserer Hörspielkartei vorgestellt, die nach langjähriger süßer Ruhe zur mitternächtlichen Sendezeit ihr Comeback feiern dürfen. Da wir es heute nun schon mit unserer dritten "Karteileiche" zu tun haben, können wir nicht mehr leugnen, unter die Serientäter gegangen zu sein, was in diesem Zusammenhang aber ganz unschuldig zu verstehen ist, denn diesmal geht es um eine ganze Hörspielserie, die wir ihnen näher bringen wollen, und diese trägt den Titel:
Ausschnitt:
Intro auf Musik: "Es geschah in Berlin. Eine Sendereihe in Zusammenarbeit mit der Kriminalpolizei."
499 Folgen von "Es geschah in Berlin" produzierte der RIAS zwischen 1951 und 1972, und "Buntmetalldiebstähle auf Friedhöfen" heißt Folge 27, die Sie Ende Oktober im Mitternachtskrimi hören können. Wenn es Ihnen allerdings zur Geisterstunde auf dem Friedhof zu ungemütlich ist, kommen Sie doch jetzt schon einmal mit auf eine Stippvisite. Keine Angst, Sie sind nicht allein:
Ausschnitt:
(Turmuhr/Glockenschläge)
Atze: "Jeisterstunde, Emil."
Emil: "Lass den Quatsch, Atze!"
Atze: "Hast Schiss, wat?"
Emil: "Denkste."
Atze: "Stell dir doch mal vor, wenn jetzt hier uff'n Friedhof würden die Jespenster-"
Emil: "Du sollst den Quatsch lassen, Atze."
Atze: "Hast ja doch Schiss, Emil. - Wat machst'n? Sag mal, willst du mal die Kanone wieder einstecken, du Anfänger?! 'N Friedhof ist doch keene Schießbude. Oder willste vielleicht die echte Bronze von de Steine knallen? Mensch! - Wat iss‘n da vorne?"
Emil: "Wo?"
Atze: "Na, det det det Weiße, wat da jeht."
Emil: "Atze!! 'Nnn Jeist! Komm, türmen!"
(Hund bellt)
Atze: "Verdammt! Jetzt hat uns 'n Wächter aufjespürt. Allet wejen dein Jebrülle. Nu aber los! Hopp, übern Zaun! Komm, schnell!"
(Pfeife)
Atze: "Polente! Du, dat hat uns noch jefehlt!"
Während Emil und Atze den sich nähernden Wachtmeister davon überzeugen, dass sie zwei harmlose Trunkenbolde mit Orientierungsproblemen sind, wollen wir Hörspielkarteihüterin Gabriele Lambertz fragen, in welcher Form "Es geschah in Berlin" in der Hörspielkartei residiert.
Gabriele Lambertz: "Der Autor Werner Brink ist mit seinen 499 Kriminalhörspielen der quantitative Spitzenreiter bei uns in der Hörspielkartei. Natürlich bekommt man nicht alle 499 Hörspiele auf einer Karte unter, so haben wir dann brav 499 Karteikarten dafür angelegt."
Dass keine 500. Karteikarte existiert, liegt daran, dass Werner Brink leider kurz vor dem Jubiläum 1972 verstarb. Doch zurück zu Folge 27 und unseren "Buntmetalldiebstählen." Der Titel der Folge nimmt schon vorweg, was Kommissar Zett…
Ausschnitt:
Zett: "Ich weiß gar nicht, hab ich mich schon vorgestellt? Kriminalsekretär Zett."
…erst am nächsten Morgen gemeldet bekommen wird, eine Bronzestatue ist aus einem Vorgarten verschwunden, allerdings ist da noch kein Zusammenhang zu unserem Friedhof zu erkennen, wo zunächst nur von einem vereitelten Beutezug ausgegangen wird, wie Assistent Lothar berichtet:
Ausschnitt
Lothar: "Ja. N weißes Laken zwischen den Gräberreihen, das ist die ganze Beute. An Spuren, meine ich."
Zett: "Machst du Witze, Lothár oder hast du das Gespenst dazu auch?"
Lothar: "Nein. nein, ganz ernst, Zett. Die haben ein Laken und sichergestellt. Und dann haben wir auf dem Friedhof noch eine Metallsäge, eine kleine, gefunden, 2 größere Feilen und eine kräftige Rohrzange."
Zett: "So furchtbar .. erschüttert und überwältigt bin ich von diesem Glück ja nicht gerade."
Lothar: "Ja, Moment! ..nicht so stürmisch, ich bin ja noch nicht fertig.
Zett: "Was denn noch?"
Lothar: "Ungefähr 60 m von dieser Fundstelle weg .. haben wir einen Trommelrevolver gefunden.
Zett: "Also mit anderen Worten ist mal wieder alles drin .. und wir wissen nüscht!
Ich möchte ein bisschen mehr wissen und befrage daher einen "Es geschah in Berlin"- Experten und der befindet sich, wie kann es anders sein, in Berlin: Martin Hartwig, Redakteur für Hintergrund Kultur und Politik beim Deutschlandfunk Kultur hat den langlebigen RIAS-Straßenfeger 2013 auf vielfachen Hörerwunsch wieder ins Programm geholt, auf den Sendeplatz "Aus den Archiven". 2 Jahre lang durfte Kommissar Zett nun wieder einmal im Monat ermitteln. Was ist das Besondere an diesem Format?
Martin Hartwig: "Es ist ne Mischung aus "Vorsicht Falle", sag ich mal, also irgendwie eine Mischung aus Krimi - natürlich schon auch mit der Lust am thrill, am Verbrechen -aber vor allem war es aus Polizei-Sicht erzählt immer, es hatte ein bisschen was von "Neppern, Schleppern, Bauernfänger", wir warnen vor Kriminalität und die haben sozusagen alltägliche Folgen, also wirklich aus den Kleinanzeigen, aus der Kleinkriminalität: Eierdiebe, Büro-Diebstähle, kleine Betrüger, Scheckbetrüger, Babywäsche wurde geklaut. Also, relativ bizarre Fälle, haben die inszeniert und ja...verbunden sozusagen mit ein bisschen "Passt auf auf diese Art von Betrug! Und: es lohnt sich nicht!"
Noch sind Kommissar Zett und sein Ermittlerteam nicht viel weiter gekommen mit den Buntmetalldiebstählen, aber immerhin haben sie dem gespenstischen Laken mittlerweile einen Hinweis entlockt, der sie zu einer…
Ausschnitt:
Lothar: "Privatklinik Dr. Larsen"
...führt. Wo jedoch auch niemand etwas zu wissen scheint…
Ausschnitt:
Lothar: "Ihr Chef weiß nichts und schickt mich zum Büro. Das Büro weiß nichts und schickt mich zu Ihnen und Sie können sich nicht darauf besinnen, dass jemals hier aus der Klinik ein Wäschestück verschwunden sein soll?"
Oberschwester:"Gott, verschwinden tut natürlich immer mal etwas, Herr Kriminalassistent. Aber wenn wir entdecken, das etwas weg ist, dann ist der Dieb meistens auch weg."
Lothar: "Hmm, Sie sagen meistens, Oberschwester… Und in den anderen Fällen?"
Bei "Es geschah in Berlin" ist auch so einiges verschwunden, nicht nur in der Serie dank der vielfältigen Bemühungen emsiger Kleinkrimineller, sondern mysteriöser Weise auch große Teile der Sendereihe selbst. Unsere Folge um die Buntmetalldiebstähle hat insofern Seltenheitswert, als sie die einzige erhaltene Sendung der ersten 300 Folgen ist. Ein Fall für Kommissar Zett? Was hat es auf sich mit Folge 27?
Martin Hartwig: "Davor klafft ein kleines Loch und danach klafft ein großes Loch. Das ist.., ich habe es nie klären können, ich hab hier beim Archiv auch nachgehakt und gehofft, dass irgendwo vielleicht noch eine Kiste steht, wir hatten sogar mal ein Hörer-Aufruf: Schickt uns alte Folgen. Es gibt die Folge 27 und dann die nächste Folge ist glaube ich die Folge 303 oder so. Das heißt, es gibt wenigstens, es gibt knapp 300 Folgen, die nicht dokumentiert sind. Und das ist schade drum, weil es auch die interessantere Zeit ist letztlich, die 50er Jahre, also sollte jemand das hören und irgendsowas haben, haben wir großes Interesse."
Bei "Es geschah in Berlin" gab es ebenfalls Hörer-Aufrufe, in denen die Polizei um Mithilfe bat - auch wenn dies eher die Ausnahme blieb.
Martin Hartwig: "Es gab einen versuchten Einbruch bei Hertie, da wurden Tresore aufgebrochen, haben sich Leute n Wochenende einsperren lassen und haben die irgendwie nicht aufgekriegt. Das war aktuell produziert mit echten Namen, was auch eine Ausnahme war, in allen anderen Folgen wurden eigentlich die Namen geändert."
Ausschnitt:
(aus Intro auf Musik):
"Sämtliche vorkommende Namen sind frei erfunden."
Martin Hartwig: "Und da wurden die Leute gebeten, dann tatsächlich mitzuhelfen, ob sie was beobachtet haben und dazu beitragen können."
Wir freuen uns jedenfalls sehr, wenn Sie auch etwas beitragen wollen; sollte also in Ihren Privatarchiven noch etwas schlummern, das "In Berlin geschah", bitte verheimlichen sie es uns nicht!
Ausschnitt:
Lothar: "Ich hab das Gefühl, Sie verheimlichen mir etwas."
Oberschwester: "Na, für Ihre Jugend sind Sie kein schlechter Menschenkenner."
Lothar: "Und was verheimlichen Sie mir?"
Oberschwester: "Das ist ja gerade das, was ich nicht sagen wollte. Na schön. .. Wir haben vor 3 Monaten eine Angestellte, eine Stationshilfe, entlassen, nachdem sich herausgestellt hatte, das sie anfing, Wäsche zu stehlen. 2 Laken konnte wir ihr nachweisen."
Lothar: "Wollen Sie mir jetzt bitte den Namen und die Adresse der Entlassenen sagen..?"
Oberschwester: "Nein."
Ausschnitt
"Soweit die Nachrichten. Zum Schluss bitten wir um Aufmerksamkeit für eine Durchsage der Kriminalpolizei. In der vergangenen Nacht wurde aus dem Vorgarten einer Villa in Berlin-Dahlem die kostbare Bronzeplastik einer Aurora, Göttin der Morgenröte, gestohlen. Es besteht die Möglichkeit, dass diese Figur, entgegen dem Brauch bei anderen Buntmetalldiebstählen, bei denen die Plastiken meist zerschlagen oder zerschnitten werden, im Ganzen irgendwo im Handel angeboten wird. Vor Ankauf wird dringend gewarnt."
Ich denke, dass wir hier nicht zu viel verraten, wenn wir vorraussagen, dass der auch dieser Fall gelöst werden wird.
Ausschnitt:
Zett: "Machen wir's kurz:Sind Sie bereit zuzugeben, dass Sie an dem Diebstahl der Aurora-Plastik aus dem Dahlemer Vorgarten beteiligt sind?"
Verdächtiger: "Nee."
Nun gut, er hat ja noch ein wenig Zeit, am 26. Oktober können Sie noch vor Einbruch der Morgenröte Zeuge werden, wie und ob der Diebstahl der Aurora aufgeklärt wird, im Mitternachtskrimi um 0.05 Uhr.