Kindermord und Ordnungswahn
Fritz Langs erster Tonfilm „M"
Von Werner Dütsch
Regie: Thomas Wolfertz
Es sprachen: Ulrich Marx, Sabine Postel und Michael Weber
Ton und Technik: Michael Morawietz und Beate Braun
Redaktion: Wolfgang Schiller, Hermann Theißen
Produktion: Deutschlandfunk 2013
Eine Wiederholung vom 05.02.2013 - in Erinnerung an Thomas Wolfertz, der im Oktober 2022 verstorben ist.
Kindermord und Ordnungswahn
43:54 Minuten
In "M" lässt Fritz Lang 1931 eine Stadt einen Kindermörder suchen. Er interessiert sich dabei ganz und gar nicht für die Mordtaten und auch sein Umgang mit Kindern ist völlig unsentimental. Ihn interessiert das Echo: Wie erfährt die Öffentlichkeit überhaupt davon?
Warum nutzt der mutmaßliche Mörder die Presse und warum empört das die Politik so heftig? Was ist das für eine öffentliche Aufmerksamkeit aus Stammtisch, Verdächtigung, Denunziation und Lynchjustiz? Welche Strategien verfolgt die Polizei und warum sind diese den Aktivitäten der Halb- und Unterwelt zum Verwechseln ähnlich?
Gern hat man in "M" eine Vorahnung des Naziterrors gesehen und in dem Buchstaben M auf der Schulter von Peter Lorre den zukünftigen Judenstern: riskante Interpretationen. Verblüffend sind aber in "M" die Diskussion um die Behandlung eines Triebtäters, die Vorführung zukunftsweisender Kontroll- und Überwachungssysteme, die kühle Präzision, mit der Lang die Entstehung kollektiver Hysterie vorführt, die Produktion dessen, was man heute einen Hype nennt.
Fritz Lang lässt Töne und Bilder einander widersprechen, stiftet produktive Missverständnisse, lässt provozierende Ähnlichkeiten aufscheinen, scheut weder Horror noch Kalauer, legt falsche Fährten - in einem Film über mörderische Lust und bedrohlichen Ordnungswahn.
Gern hat man in "M" eine Vorahnung des Naziterrors gesehen und in dem Buchstaben M auf der Schulter von Peter Lorre den zukünftigen Judenstern: riskante Interpretationen. Verblüffend sind aber in "M" die Diskussion um die Behandlung eines Triebtäters, die Vorführung zukunftsweisender Kontroll- und Überwachungssysteme, die kühle Präzision, mit der Lang die Entstehung kollektiver Hysterie vorführt, die Produktion dessen, was man heute einen Hype nennt.
Fritz Lang lässt Töne und Bilder einander widersprechen, stiftet produktive Missverständnisse, lässt provozierende Ähnlichkeiten aufscheinen, scheut weder Horror noch Kalauer, legt falsche Fährten - in einem Film über mörderische Lust und bedrohlichen Ordnungswahn.
Werner Dütsch, 1939 geboren, war Filmwissenschaftler, Fernsehredakteur und Produzent. Er ist 2018 gestorben.