„Das normale Haus“ gewinnt

    Hörspielpreis max15

    Ein Logo für den max15-Preis
    © Deutschlandradio / Studio Good
    Lars Werner hat mit dem Hörspiel „Das normale Haus“ den max15 gewonnen. Mit diesem Preis zeichnet Deutschlandfunk Kultur in Kooperation mit ARD, ORF und SRF das beste unabhängig produzierte Kurzhörspiel aus.
    Autor Lars Werner (rechts) und Musiker Friedrich Byusa Blam, Gewinner des Kurzhörspielpreises "max15"
    Autor Lars Werner (rechts) und Musiker Friedrich Byusa Blam, Gewinner des Kurzhörspielpreises "max15"© Deutschlandradio/Anke Beims
    Die Verleihung fand im Rahmen der ARD Hörspieltage im Zentrum für Kunst und Medien ZKM Karlsruhe statt. Die Stücke wurden anonym eingereicht und durch eine Jury von Deutschlandfunk Kultur, ARD, ORF, SRF und ZKM ausgewählt. Hier die Jurybegründung:

    „Das Gewinnerstück ist ein atemloses Stück Erzählkunst. Zwei Erzählerinnen reißen uns mit in einen Strudel aus parallelen Ebenen, verwinkelten Anspielungen, einflussreichen Verschwörungserzählungen und ihrer Dekonstruktion. Beschleunigung, Vollbremsung, Zeitsprung: Es werden in 15 Minuten so viele Weltentwürfe etabliert und wieder in Frage gestellt, in die eine Richtung angedeutet und in die andere gedreht, dass man kaum glaubt, nur 15 Minuten gehört zu haben. „Das normale Haus“ ist ein selbstreflexives Hörspiel, welches das Schreiben von Erzählungen und ihre Wirkung ständig befragt und die Mechanismen der politischen Einflussnahme durch Desinformation von außen und innen zugleich beleuchtet. Die Frage „Was ist wahr?“ wird in diesem Hörspiel nicht bloß thematisiert, sie wird performativ. Der akrobatische Umgang mit Erzähltechniken ist nicht bloß auf einen Effekt aus, sondern reflektiert ganz praktisch die Machart von Verschwörungserzählungen. In diesem Hörspiel entdeckt man auch beim dritten und vierten Hören immer wieder etwas Neues. Es fordert die Hörer:in heraus, stellt Bestehendes in Frage und weckt das Bedürfnis nach eigener Recherche. Am Ende des Hörspiels wird angedeutet, dass die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz jede Art von Gegenrede in den Schatten stellen kann. Alles, was geschrieben wird, ist nur weiteres Material, mit der die KI trainiert wird. Zugleich lässt Lars Werner uns hoffen, dass ein künstlerisches Hörspiel, das uns angriffslustig herausfordert, doch wenigstens einen Gegenpol zur Desinformation aufzeigen kann, von dem aus wir uns gemeinsam zu einer Gegenstrategie aufmachen können. Denn seine Twists evozieren häufig eine doppelte Erkenntnis: Ja, vielleicht ist alles fake. Aber nein, es ist nicht alles verloren. Dieses kluge und vielschichtige Hörspiel über Wahrheit, Fake und den Kampf um's Narrativ im Zeitalter von Hate Speech und Desinformation hat die Jury überzeugt. „Das normale Haus“ von Lars Werner erhält den Hörspielpreis „max15“ für das beste Kurzhörspiel der freien Szene 2024.“

    Das normale Haus
    von Lars Werner

    Mit: Mariann Yar, Lea Ostrovskiy, Franziskus Claus
    Musik & Sounddesign: Friedrich Byusa Blam
    Ton: Friedrich Byusa Blam, OG12 Studios
    Regie: Lars Werner

    Beschleunigung, Vollbremsung, Zeitsprung: Zwei Erzählerinnen reißen uns mit in einen Strudel aus parallelen Ebenen, verwinkelten Anspielungen, einflussreichen Verschwörungserzählungen und ihrer Dekonstruktion. „Das normale Haus“ ist ein vielschichtiges Hörspiel über Wahrheit, Fake und den Kampf um's Narrativ.

    Die Hörspiele der shortlist mit einer kurzen Begründung der Jury:

    You cannot win against the Zeitgeist - eine Gewaltphantasie
    von Simone Hundrieser

    Mit: Fridolin Meinl, Marvin Aasse, Bidisha Dutta, Ignacio Briceño, Felix Hundrieser, Simone Hpunkt
    Regie: Simone Hpunkt
    Foto: Lara Kinmann

    Was wäre, wenn ein Nazi eine Reality-TV-Show gewinnen würde, indem er die besten Fake News verbreitet? Diesem Gedankenspiel widmet sich „You cannot win against the Zeitgeist – eine Gewaltphantasie“ anarchisch, satirisch und hochpolitisch. Ein Stück, das auch die Frage aufwirft, was von dieser Gewaltphantasie vielleicht längst bittere Realität geworden ist.

    zwangsläufig
    von Simon Scharinger

    Mit: Laura Laufenberg, Jakob D’Aprile, Philip Leonhard Kelz, Simon Scharinger
    Musik: Robert Pockfuß, Manu Mayr
    Ton: David Lipp
    Technik: Anna Kuncio
    Regieassistenz: Simon Fröhlich
    Regie: Simon Scharinger
    Foto: Hannah Schwaiger

    „Läufige Rüden rennen los“ – der immer wiederkehrende Satz wird zum Auftakt für eine wilde Hatz aus Wortwendungen und Sprachschöpfungen, eine Jagd durch Sinn und Unsinn in sich steigerndem Rhythmus, unterbrochen durch expressive geräuschhafte Klangkompositionen. Das Hörspiel „zwangsläufig“ entwickelt eine sogartige Geschwindigkeit mit stetigem Spannungszuwachs, in dem sich Musik und Text gegenseitig verstärken.

    Die Gleichzeitigkeit des Seins
    von Christian Leitschuh

    Mit: Jessica Böhlmann und Christian Leitschuh
    Komposition, Ton und Regie: Christian Leitschuh
    Foto: Josephine Kanditt

    Eine autofiktionale Hörspielcollage über das Erwachsenwerden. Mittels Sprachnachrichten, Memos, Tagebucheinträgen, Liedtexten und Filmausschnitten erzeugt „Die Gleichzeitigkeit des Seins“ eine faszinierend dichte Atmosphäre und arbeitet gekonnt im Spannungsfeld zwischen Selbstinszenierung und Authentizität. „Wie im Film, nur dass es diesmal das Leben ist.“

    Weihnachten im Deutschlandfunk
    von Carsten Schneider
    Regie und Realisation: Carsten Schneider
    Foto: Jacqueline Majumder

    Die collagierte Zusammenstellung von Sprachmomenten aus dem Weihnachtsprogramm des Dlf erzeugt eine verdichtete Sprache mit virtuos konstruierten Sinnkontexten, voller Überraschung und Lebendigkeit. Die so entstehenden Texte bilden zusammen mit ihren klanglich akustischen Kontributen humorvolle oder denkwürdige Momente mit hohem Unterhaltungswert. Altbekannte Motive und Bilder werden spielerisch verdreht und verändern den Fokus auf die Weihnachtszeit. „Weihnachten im Deutschlandfunk“ verrät sehr viel darüber, wie in Deutschland über diese Zeit gedacht, aber auch, was oft übersehen wird.