Mikrokosmos

Kölner Kongress 2018

Proben zum Live Feature "Marslandung in Riotinto" von Nieves de la Fuente Gutiérrez und Raffael Seyfried im Kölner Funkhaus
Proben zum Live Feature "Marslandung in Riotinto" von Nieves de la Fuente Gutiérrez und Raffael Seyfried im Kölner Funkhaus © Deutschlandradio / Barbara Schäfer
Von Anna Panknin |
Erzählen in den Medien - das ist auch dieses Jahr wieder Thema beim Kölner Kongress im Deutschlandfunk. Zahlreiche Medienmacherinnen und -macher, Künstler, Autoren und Journalisten werden sich über aktuelle mediale Formen des Erzählens im Radio, Film und Netz austauschen.
Anna Panknin: Wie die Idee zu diesem Erzählfestival zustande kam und was der Kölner Kongress sich für dieses Mal vorgenommen hat, erklärt seine Initiatorin,
Barbara Schäfer: Im vergangenen Jahr wagten wir ja den Sprung ins kalte Wasser; wir haben aus dem Nichts einen Kongress gestaltet zum Thema Erzählen in den Medien, weil wir einfach Freude und Lust daran hatten und er war so gut besucht, dass wir gemerkt haben, dass das ganz viele Menschen interessiert, also Leser, User, Macher, Info-Nerds, Podcast Kenner, Hörspiel Fans, all diese Menschen haben wir hier angetroffen auf unserem letzten Kongress und das setzen wir fort, denn Erzählen in den Medien ist ein heißes Thema; es entstehen täglich neue Podcasts, neue Serien gehen an den Start, Zeitungen füllen inzwischen ganze Extra-Ausgaben mit der Welt des seriellen Erzählens und der Kölner Kongress ist ein Kongress, der sich diesen Dingen und Phänomenen und Entwicklungen widmet. Das heißt, wir gehen sowohl mit Performances an dieses Thema heran, wo wir selber ausprobieren, wie Erzählen in den Medien noch mal anders gehen kann als wie es klassisch tun und wir beschäftigen uns auch auf einer theoretischen Seite damit, das heißt, wir haben Vortragende eingeladen zu einem Symposium, die verschiedene Erzählformen darstellen, die sich theoretisch mit dem Erzählen auseinandersetzen auf eine Art, dass wir vielleicht einen erweiterten Blickwinkel kriegen. Also ganz klassisches Beispiel zur Erzähltheorie: Johannes Ullmaier wird uns einen Vortrag halten über geteilte Aufmerksamkeit und Simultanität und Gleichzeitigkeit, das spielt heute eine ganz große Rolle; wenn man seinen Computer hat und 25 Fenster nebeneinander geöffnet, ist man sich nicht dessen bewusst, dass man das vor ein paar Jahren noch überhaupt nicht konnte, und inzwischen findet man das völlig normal, dass man ein Tablet, einen Laptop und ein Smartphone neben sich liegen hat und das alles nebeneinander läuft. Das ist alles so normal geworden und das hat natürlich auch Einfluss auf das Erzählen, nicht nur in den fiktiven Formen, sondern auch in den dokumentarischen.
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Panknin: Wir sind ja jetzt eben beim Radio und "Erzählen in den Medien", was wäre denn euer Wunsch, wenn man jetzt sozusagen mal einen Tag lang Programmgestalter sein könnte, was muss es mehr geben… Was muss es eben nicht mehr geben?
Wittmann, Hörspielmacher von @WONDERWORLD: Wenn ich mir was wünschen dürfte, dann ist es die Vermischung von den sogenannten Disziplinen - das interessiert mich am eigentlich am meisten. So wie "Perpetuum mobile" auch, das ist ein Feature und es ist ein Hörspiel. Und diese hybriden Erzählformen interessiert mich am meisten, immer schon, das hat mich auch am Theater am meisten interessiert, ich habe viel lieber Jelinek inszeniert jetzt als irgend n Well Made Play. Was nicht heißt, dass die nicht total gut sein können und das macht auch Spaß zu inszenieren oder so, aber mein Hirn fängt richtig an und mein Herz auch, sich aufzuregen über Texte, wo ich gar nicht weiß erstmal, was ich damit anfangen soll im theatralischen Umgang. Und das würde ich mir fürs Radio wünschen, also so ein bisschen weniger brav sein und nicht so abschotten, das ist Feature, das ist Hörspiel, das ist Klangkunst. Aber es gibt schon viel Gutes im Radio auch ja. Es ist jetzt nicht so, dass alles furchtbar ist, aber das ist so ein Wunsch, ich glaube es wird auch alle Radioschaffenden weiterbringen.
Die Autoren Zeitblom und Wittmann.
Die Autoren Zeitblom und Wittmann© Mirjam Siefert
Panknin: Hast du dem noch was hinzuzufügen?
Zeitblom, Hörspielmacher @WONDERWORLD: Ja. Eine Redakteurin meinte einmal, unsere Stücke werden zu assoziativ und zur akkumulativ - und genau das wünsche ich mir von viel mehr Stücken. (lacht) Weil das ist auch unsere Herangehensweise, ich finde auch Repetition wichtig, was auch bei unseren Stücken immer wieder vorkommt, und vor allem eben das Assoziative, das mich persönlich eben am meisten interessiert. Das ich einfach nicht weiß, was mich erwartet und dass ich ständig überrascht werden kann und nicht immer in vorgefertigten Bahnen, ein Stück fängt an und ich weiß, wie der Schluss schon wird, sondern ständig in Hörstücken überrascht werde.
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Panknin: Was versprechen Sie sich vom Kölner Kongress 2018?
Johannes Ullmaier, Autor: Was ich sowohl als Hörer als auch vielleicht als jemand, der dann da irgendwie präsentiert oder gespiegelt wird, schön fände, wäre, wenn man auch ein bisschen was von der Eigendynamik, die solche Kongresse, wenn sie eben gut laufen, ja haben.
Frank Witzel, Schriftsteller und Illustrator: Dass doch eine Kommunikation hergestellt wird zwischen den einzelnen Beiträgen.
Ullmaier: Dass merkwürdigerweise, auch wenn die Leute völlig getrennt kommen, mit ihren eigenen Vorträgen, ihren eigenen Ideen, zum Teil völlig ohne sich zu kennen, zum ersten Mal sehen.
Johannes Ullmaier im Portrait
Johannes Ullmaier© Privat
Witzel: Sie wissen nicht was der oder die andere Vortragende da Zubehör bringt - und man kommt mit einem eigenen Text.
: Dass bei guten Kongressen und es ist ja auch der Sinn, sich überhaupt real an einem Ort zu treffen, dann so eine Dynamik entsteht.
Witzel: Auch wenn die Veranstaltungen für sich stattfinden, dass automatisch eine Form von Dialog entsteht, die vorher so nicht da war.
Ullmaier: Und irgendwie reden die dann auch miteinander, und plötzlich beginnen die Vorträge, die eigentlich hintereinander sind, irgendwie miteinander zu reden, zum Teil metaphysisch, zum Teil aber auch real, wenn man einfach schon zugehört hat, reagiert hat, sich positioniert.
Der Schriftsteller, Musiker und Illustrator Frank Witzel
Schriftsteller, Musiker und Illustrator Frank Witzel© Gianni Plescia
Witzel: Und dass dadurch andere Ideen, Ansätze über Erzählen nachzudenken entstehen.
Ullmaier: Und dabei entsteht dann sowohl akustisch als auch inhaltlich eben ein Drittes und das ist eigentlich genau der Mehrwert von solchen Kongressen.
Witzel: Die einzelnen Texte, die kann man auch nachlesen, nachhören, aber gerade in dieser Fülle und gerade in diesem Aufeinanderwirken, ohne aufeinander bezogen zu sein.
Ullmaier: Wenn man davon irgendwas radiophon einfangen kann, solche Momente, wo man merkt, es klickt irgendetwas und das Zugleichsein dieser Personen, die jetzt gerade da sind, die ihre Gegenwarten teilen führt zu einem vorher nicht absehbaren Dritten.
Witzel: Das finde ich immer schon interessant.