Der Experte ist tot
Mitte der 60er-Jahre blickt eine Funkkomödie aus der DDR 70 Jahre in die Zukunft auf eine schöne Utopie: eine Gesellschaft ohne Streben nach persönlichem Eigentum. Die Kernfrage: Hält dieser Zustand auch noch an, wenn die behördliche Kontrolle entfällt?
Im Jahr 2034 ist es gelungen, den Bürgern durch langjährige Moralseminare sämtliche Begehrlichkeiten nach fremdem Gut abzuerziehen. Der letzte Diebstahl liegt gut 30 Jahre zurück und geschah auch nur aus ästhetischen Gründen. Somit ist das Dezernat für Eigentumsdelikte und Bruderprobleme, kurz DezEiDe, eigentlich überflüssig geworden. Immer mehr der über 13.000 unterforderten Mitarbeiter reichen ihre Kündigung ein und suchen neue Herausforderungen.
Dem Minister für Kaderfragen und Berufslenkung kommt das gerade recht, denn es wird noch Personal für die Marsbesiedlung gebraucht. Da das DezEiDe dem 120-jährigen Leiter Lamberti mit der Zeit ans Herz gewachsen ist und er fest von dessen Existenzberechtigung überzeugt ist, willigt er in ein Experiment ein: Lamberti solle für tot erklärt und das Dezernat aufgelöst werden. Sollte es danach tatsächlich keine weiteren Eigentumsdelikte geben, würden die Mitarbeiter für das Marsprojekt zur Verfügung stehen.
Für die Dauer der Testfrist hat sich Lamberti auf die Datsche des Ministers zurückgezogen und wartet mit Spannung darauf, ob nicht eines seiner alten Sorgenkinder rückfällig wird. Er denkt speziell an Astoria Aristotele, Professorin für altägyptische Kunst, oder den dreisten Dieb Don Fernando de Castillo sowie den ehemaligen Weltantiquar Makko, der im Auftrag von Kunstsammlern auf Raubzug ging, ob in Privatvillen oder im Louvre. Ein einziger Vorfall würde ja genügen, um die Anfälligkeit des Menschen für die Verlockungen fremden Eigentums zu belegen.
Und dann geschieht es: Eine weltweite Einbruchsserie bricht los. Neben anderen Wertgegenständen wird in Berlin die Büste der Nofretete gestohlen, aus dem berühmten New Yorker Kitschmuseum werden sämtliche Präsidentensalzstreuer entwendet und aus Madame Tussauds Londoner Kabinett sind die Wachfiguren von Heidegger, General Montgomery und Tewe Schur verschwunden. Sind die Bürger etwa doch nicht heilbar?
Komposition: Wolfram Heicking
Regie: Wolfgang Brunecker
Mit Herwart Grosse, Vera Oelschlegel, Heinz Hinze, Erika Pelikowsky, Friedrich Richter, Klaus Piontek und Heinz Scholz
Produktion: Rundfunk der DDR 1965
Länge: ca. 54' (mono)
Regie: Wolfgang Brunecker
Mit Herwart Grosse, Vera Oelschlegel, Heinz Hinze, Erika Pelikowsky, Friedrich Richter, Klaus Piontek und Heinz Scholz
Produktion: Rundfunk der DDR 1965
Länge: ca. 54' (mono)