Mit seinen Schauspielern erprobte Tabori acht Tage lang Szenen nach Seminarprotokollen des Psychiaters Frederick „Fritz” Perls. Wenige Jahre später nehmen Jörg Jannings und George Tabori die Tonbänder in die Hand. Sie entdecken eine Arbeitsmethode, die immer und überall Veränderung miteinbezieht.
Wie in der von Perls in den USA praktizierten Gestalttherapie geht es im Theater darum, die Mitte zu finden: Das Selbst und die Wahrhaftigkeit der Rolle. Der Therapeut ist kein passiver Zuhörer, er greift ein, er provoziert und bestätigt – wie ein Regisseur seine Schauspieler. Im Stück spricht Tabori über seine Arbeit, die Gruppe improvisiert, probiert aus.
Das Hörspiel collagiert drei Szenen aus den mehrstündigen Mitschnitten. Neben einer vierteiligen Sendung von 282 Minuten entstand auch diese Kurzfassung.
Detlef Jacobsen, Jörg Jannings, George Tabori bei der Produktion von "Sigmunds Freude"© RIAS - Werner Bethsold
Eine Wiederholung im Gedenken an den renommierten Hörspielregisseur Jannings, der am 20. Oktober 2023 im Alter von 92 Jahren verstorben ist. Seine Arbeiten waren stets geprägt von einer tiefgreifenden Auseinandersetzung mit dem Theater und einem handwerklichen Anspruch. Er legte Wert auf natürliche, authentische Klänge und betonte die eindrucksvolle Präsenz der Schauspielenden sowie ihre individuellen Persönlichkeiten. Dabei zögerte er nicht, im Studio besonderen physischen Einsatz und Hingabe von seinen DarstellerInnen zu verlangen, um die beabsichtigte Wirkung zu erzielen.
Sigmunds Freude
Von George Tabori nach Protokollen des Gestalttherapeuten Frederick S. Perls
Regie: Jörg Jannings
Mit: Günter Einbrodt, Brigitte Kahn, Klaus Fischer, Ursula Höpfner, Brigitte Röttgers u.a.
Komposition: Stanley Walden
Ton und Technik: Christian Anders
Produktion: RIAS Berlin / WDR 1983
Länge: 89’45 (Kurzfassung)
24. Mai 2004: George Tabori während einer Gala anlässlich seines 90. Geburtstags.© picture alliance / dpa / Jens Kalaene
George Tabori (1914 – 2007), Schriftsteller, Dramatiker, Drehbuchautor, Regisseur, Intendant, Schauspieler. Zahlreiche Ehrungen, z. B. Georg-Büchner-Preis 1992. Ihn verband eine künstlerische Partnerschaft und persönliche Freundschaft mit dem Regisseur Jörg Jannings, viele Hörspiele realisierten sie in Zusammenarbeit.
Jörg Jannings, geboren 1930 in Berlin und verstorben am 20. Oktober 2023, verbrachte seine Jugend in Österreich, im engen Kontakt zu seinem Onkel, dem Schauspieler Emil Jannings. Schauspielausbildung, dann Arbeit im Dokumentarfilm bei der Bavaria und der DEFA. Ab 1957 Regisseur und bis zur Pension Leiter der Wortproduktion des RIAS Berlin. Er realisierte über 200 Hörspielproduktionen, erstmals 1962 „Stern über der Grenze”, zuletzt: „Souterrain” von Josep M. Benet i Jornet (DKultur 2010). Seine langjährige Freundschaft mit George Tabori führte zu 15 gemeinsamen Stücken. „Weisman und Rotgesicht” (NDR 1978) wurde mit dem Prix Italia ausgezeichnet.