Auf Reisen durch fremde Wohnungen
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Zeig mir wie du reist, und ich sag dir, wer du bist. Reisen sind Statussymbol, Konsumgut und selten wirklich entspannend. Trotzdem wollen alle teilhaben - aber was tun, wenn eine Pandemie alles durcheinander bringt? Eine Möglichkeit: Mitten in Berlin auf Zimmerreise gehen und so das Leben von Fremden erforschen.
"Der Impuls war, dass ich manchmal in fremde Wohnungen gucken durfte und dann aber wieder gehen musste", erklärt die Berliner Künstlerin Stefie Steden. Die Idee, fremde Wohnungen zu bereisen, kam ihr, als sie öfter Dinge von Privatleuten im Internet kaufte, "und wenn man da dann alleine wäre und richtig gucken dürfte, wäre das richtig gut." Also gründete sie die "AG Minimales Reisen" und bringt seitdem Menschen zusammen, um fremde Wohnungen zu bereisen.
Die Idee ist einfach: Statt ein fremdes Land oder eine andere Stadt zu besichtigen, wird für ein paar Stunden eine fremde Wohnung bereist. Um Vertrauen zueinander aufzubauen, gibt es alle vier Wochen ein Treffen, auf denen sich Reisewillige und Gastgebende kennenlernen können. Wer zu wem reisen darf, wird dann ausgelost.
Dabei geht es bei Zimmerreisen vor allem um einen selbst. Das erlebt auch die Autorin Annette Kammerer. Bei ihrer Zimmerreise fragt sie sich: Könnte ich so leben? Will ich so leben? Und dazu dann noch die Erfahrung, dass jemand Fremdes das eigene Terrain durchleuchtet hat, der Blick von außen, das wirkt fast wie eine Sitzung beim Therapeuten. Denn in jeder Zimmerecke, hinter jeder unangeschlossenen Lampe, steckt eine Geschichte - es muss sie nur jemand finden.
Erstsendedatum: 11.12.2020