Vom ewigen Augenblick der Stille
Was ist Stille? Und wann ist Stille? Eine Grenzerfahrung und etwas, das nicht in Worte zu fassen ist.
Was ist Stille? Und wann ist Stille? Stille als Voraussetzung von Musik, von Einsamkeit, von Kreativität, von Selbstfindung. Stille als Bestandteil von besonderen Augenblicken des Lebens, als Teil von Glück oder als Beginn von etwas Großem. Stille als eine Grenzerfahrung, Stille als Ausdruck für etwas, das nicht in Worte zu fassen ist. In ihrem Feature versammeln die Autoren Gespräche, Gedanken, akustische Reflexionen und Assoziationen zum Thema.
Regie: Stefan Dutt
Mit: Götz Schulte, Falilou Seck, Conny Wolter
Ton: Alexander Brennecke
Produktion: DLR Berlin 2004
Länge: 53‘23
(Wdh. v. 7.1.2004)
Mit: Götz Schulte, Falilou Seck, Conny Wolter
Ton: Alexander Brennecke
Produktion: DLR Berlin 2004
Länge: 53‘23
(Wdh. v. 7.1.2004)
"Ein Zustand der Absichtslosigkeit" – Interview mit Susanne Burkhardt und Robert Brammer
Wo erfahren Menschen heute noch Stille?
Robert Brammer: Wenn man sich auf die Stille einlässt, dann überall. Es gibt so viele unterschiedliche Formen der Stille: die Stille, die aus Staunen entsteht, Stille als Zeit zum Nachdenken, die Stille, in der wir uns verlieren und uns dann doch wiederfinden. Oder die Stille, wenn alles gesagt ist… Oder die Stille, die uns mit dem Anfang der Welt und allem, was danach kam, verbindet. Die gesamte Menschheitsgeschichte ist doch über die Stille in uns präsent. So geht es mir jedenfalls.
Susanne Burkhardt: Oder Stille als Moment großer Intimität, den wir suchen und oft fast genauso schnell wieder zerstören. Jeder kennt doch diese Stille, wenn sich zwei Menschen in ihre Gesichter schauen, ohne sich dabei etwas zu sagen. Leider ist Stille heute in unserer so kurzlebigen und hektischen Zeit immer schwerer zu finden.
Was steht im Zentrum Eurer Sendung über die Stille?
Susanne Burkhardt: In unserem Feature ging es uns vor allem um die Stille in der Kunst, genauer in der Musik, im Theater, in der Literatur und in der bildenden Kunst. Und in vielen Kunstwerken ist es zu spüren, im Diskurs der Künstler ist es zu hören: das Bedürfnis, zu Momenten einer inneren Stille zurückzukehren, zu einer Stille, die kreative Prozesse eröffnet.
Robert Brammer: Und Stille, das haben uns unsere Gesprächspartner erzählt, ist eine wichtige Voraussetzung für kreatives Schaffen. Dostojewski schrieb über diese Momente des Innenhaltens: "Es gibt Augenblicke, da bleibt die Zeit stehen und wird ewig." Über diesen Satz sind wir auch zum Titel unserer Collage gekommen.
Stille und Kunst, Stille und Musik, dieser Zusammenhang drängt sich ja auch förmlich auf in einem künstlerischen Feature über die Stille. Schafft Stille eine Gegenwelt?
Robert Brammer: Unbedingt. Sir Simon Rattle zitiert ja immer wieder diesen wunderbaren Satz von Leopold Mozart: "Jeder Ton beginnt mit der Stille und kehrt zur Stille zurück." Für John Cage, den großen Komponisten der Stille, ist Stille auch ein Zustand der Absichtslosigkeit. Etwas Vergleichbares findet sich in der modernen Kunst bei Paul Klee – Absichtslosigkeit. In der Kunstgeschichte korrespondiert damit auch das Werk von Kasimir Malewitsch und seinen schwarzen, monochromen Bildern. Das Erlebnis eines solchen schwarzen Quadrates oder Kreises fällt mit einem intensiven Erleben von Stille zusammen.
Susanne Burkhardt: Und was das Theater angeht, da fällt mir dieser schöne Satz von Heiner Müller ein, der auch für den kürzlich verstorbenen Regisseur Dimiter Gotscheff immer so wichtig war: "Wenn die Discotheken verlassen und die Akademien verödet sind, wird das Schweigen des Theaters wieder gehört werden, das der Grund seiner Sprache ist."
Susanne Burkhardt, geboren 1968 in Altdöbern, studierte Kultur- und Betriebswirtschaft. Autorin und Übersetzerin von Hörspielen, 1999 Kurt-Magnus-Preis für drei Features zum Thema "Hörspiel und Internet". Redakteurin und Moderatorin bei Deutschlandradio Kultur.
Robert Brammer, 1954 in Berlin geboren, studierte Politik, Volkswirtschaft und Theologie. Hörfunk-Journalist und Feature-Autor.