Wird Chemnitz Kulturhauptstadt?

Aufbruch am Abgrund

43:37 Minuten
Der ehemalige Boulevard "Am Brühl" in Chemnitz
Blick auf den ehemaligen Boulevard Am Brühl in Chemnitz © Manuel Waltz
Von Manuel Waltz |
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Chemnitz steht im Fokus der Öffentlichkeit. Allerdings nicht so, wie sich das Stadtverwaltung und Einwohner wünschen. Statt mit rechten Parolen und Verfolgungsjagden will Chemnitz künftig mit Kultur und Kreativität in Verbindung gebracht werden. Die Bewerbung als Kulturhauptstadt Europas 2025 soll den Imagewandel vorantreiben.
"AUFbruch" lautet das Motto unter dem sich Chemnitz um den Titel "Kulturhauptstadt" bewirbt. Manuel Waltz fragt, ob der Sommer 2018 einen Neubeginn für die Stadt markiert und ob die Kulturhauptstadt-Initiative helfen kann, das negative Image der Stadt zu wandeln.
Viel Platz für Kreativität
Chemnitz wirbt mit reichlich Hochkultur, überregional bekannte Museen und Sammlungen, einem Ballett und einer Oper. Doch es ist die freie Szene, die die Stadt kulturell besonders auszeichnet. Denn anders als in anderen Städten ist noch viel Freiraum zu günstigen Mieten vorhanden in Chemnitz – der perfekte Nährboden für Kreative, Kulturschaffende und Gründer.
Industriestandort der DDR
Karl-Marx-Stadt, wie Chemnitz zu DDR-Zeiten hieß, war ein wichtiger industrieller Standort im Arbeiter- und Bauernstaat. Ein Fünftel der gesamten Industrieproduktion fand hier statt, vor allem der Maschinenbau war hier ansässig. Doch nach der Wende mussten die meisten Betriebe schließen und viele Chemnitzer zogen weg. Übrig blieben leere Fabriken und Wohnhäuser. Bis heute hat sich die Stadt davon noch nicht komplett erholt.
Es geht wieder aufwärts
Auch auf dem Brühl gibt es noch viel Leerstand. Zu DDR-Zeiten pulsierte auf der Fußgängerzone und Einkaufsmeile das Leben. In der Nachwendezeit zogen aber viele Geschäfte in die Innenstadt oder eröffneten dort neu. Der Brühl mit seinen schönen großen Gründerzeithäusern fiel in einen Dornröschenschlaf.
Der Brühl, Heimat vieler Kreativer, wird immer bunter
Der Brühl, Heimat vieler Kreativer, wird immer bunter© Deutschlandradio / Manuel Waltz
Doch in den letzten Jahren hat sich viel getan: Es wurde saniert und immer mehr Kunstschaffende, Kreative und Studierende beginnen, die Straße wieder zu beleben und die leeren Räume zu bespielen.
Deshalb kommt dem Brühl und der Szene, die sich rund um die ehemalige Flaniermeile angesiedelt hat, eine besondere Bedeutung bei der Bewerbung als Kulturhauptstadt Europas bei. Manuel Waltz besucht in seiner Reportage die Street-Art-Galerie Rebel Art und schaut in einem Friseurladen vorbei, der vor zehn Jahren noch ziemlich einsam auf dem Brühl war.
Guido Günther vor einem Regal mit bunten Sprühdosen
Guido Günther hat vieler Häuser am Brühl besprüht und führt eine Street-Art-Galerie© Deutschlandradio / Manuel Waltz
Die offene Holzwerkstatt, in der jeder seine Ideen verwirklichen kann, und die alte Schule, in der Bands ihre Proberäume haben und die Kreativwirtschaft Büros und Ateliers, zeigen, dass sich was tut. Und, das ist den Menschen auf dem Brühl besonders wichtig, sie zeigen, dass Chemnitz bunt und vielfältig ist.
Kann ein Imagewandel klappen?
Ob der Titel "Kulturhauptstadt" einer Stadt zum Imagewandel verhelfen kann, was hinter der Idee der Kulturhauptstadt überhaupt steckt und wie nachhaltig ein solches Projekt ist, bespricht Manuel Waltz anschließend mit Nadine Deventer. Sie hat für die Kulturhauptstadt-Initiative "Ruhr2010" gearbeitet, als Essen, stellvertretend für das ganze Ruhrgebiet, Kulturhauptstadt Europas wurde. Auch das Ruhrgebiet hat einen Strukturwandel durchgemacht beziehungsweise befindet sich noch immer im Wandel. Dass das Projekt "Kulturhauptstadt" diesen Wandel vorangetrieben hat - davon ist Deventer überzeugt.
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