Hörspiel: Nachkriegszeit in Ostdeutschland

    Zwischen allen Stühlen (1/3)

    Staatswappen der Deutschen Demokratischen Republik, Bild grün eingefärbt.
    Die Geschichte geht weiter – Victor Klemperers Tagebücher 1918-1959. © ddrbildarchiv.de / Uhlenhut, Manfred | Grafik Deutschlandradio
    Von Victor Klemperer |
    • Zeitdokument • Wenige Zeitzeugen haben die Nachkriegsjahre konsequenter und kritischer festgehalten als Victor Klemperer in seinen Tagebüchern. Euphorisch und bald ernüchtert kehrt er in eine neue Gesellschaft mit gefährlichen Gewohnheiten zurück.
    „Das Tagebuch des Alltags der kleinen Erlebnisse“, so beschreibt Victor Klemperer seine Aufzeichnungen. Als die Journale in den späten 1990er-Jahren erschienen, war das eine verlegerische Sensation. Der 1881 geborene Romanist und Publizist hatte insgesamt sechs Dekaden lang sein Leben und seine Zeit akribisch dokumentiert.
    Im Juni 1945 enden die Tagebuchaufzeichnungen der NS-Zeit und ein neuer Anfang wird möglich: Eva und Victor Klemperer steigen aus den Ruinen Dresdens hinauf zu ihrem Haus in Dölzschen. Nach ständiger Todesgefahr und Erniedrigung hofft Klemperer auf einen radikalen Neubeginn. Doch immer wieder wird er ernüchtert: Die Überhäufung mit Zigaretten und Bevorzugung bei den Lebensmittelmarken machen nicht vergessen, dass der Nazi-Terror jüdisches Leben und beinahe auch sein eigenes vernichtet hat. Und noch immer bringen ihn Begriffe zum Schaudern, in denen die Sprache des Dritten Reichs widerhallt. „Man sollte ein antifaschistisches Sprachamt einsetzen.“

    Schwerpunkt: Die Tagebücher von Victor Klemperer

    Zwischen allen Stühlen (1/3)
    Die Tagebücher des Victor Klemperer (1945–1947)
    Von Victor Klemperer
    Bearbeitung: Klaus Schlesinger
    Regie: Peter Groeger
    Mit: Udo Samel
    Ton und Technik: Katrin Witt, Jonas Bergler, Andreas Brämer
    Produktion: DLR Berlin/SFB-ORB 1999
    Länge: 54'30
    Teil 2 am 9. Oktober 22.03 Uhr
    Eine Wiederholung vom 05.08.2009

    Victor Klemperer (1881–1960), Sohn eines Rabbiners aus Landsberg/Warthe, war ein namhafter Romanist, seit 1920 Professor an der Technischen Hochschule in Dresden, wo er 1935 zwangsentlassen wurde. Von 1945 bis 1960 arbeitete er erneut als Hochschullehrer in Dresden, Greifswald, Halle und Berlin. Berühmt wurde er mit seiner Abhandlung „LTI – Notizbuch eines Philologen“ (1947), in der er die ideologische Verwendung der deutschen Sprache in der Nazizeit analysiert. Die Tagebücher Victor Klemperers umfassen den Zeitraum von der Weimarer Republik bis 1960 und zeigen ihn als unverzichtbaren Zeitzeugen.

    Klaus Schlesinger (1937–2001) war Schriftsteller und Journalist. Seit 1971 Prosa, Hörspiele, Reportagen und Essays. Hörspielfassung der Klemperer-Tagebücher neben „Zwischen allen Stühlen“: „Zeugnis ablegen“ über die Jahre 1933–1945 und „Leben sammeln“ über die Jahre 1926–1932 (DLR Berlin/ORB 1996 und 1997).