Hörspiel: Nachkriegszeit in Ostdeutschland

Zwischen allen Stühlen (2/3)

Ehrentribüne zum Kampf- und Feiertag des 1. Mai am Schloßplatz in Berlin-Mitte mit den Mitgliedern des ZK der SED, Walter Ulbricht; Kurt Hager; Hermann Matern, Erich Honecker und der Botschafter der UdSSR in der DDR Pjotr Andrejewitsch Abrassimow.
Die Geschichte geht weiter – Victor Klemperers Tagebücher 1918-1959. © ddrbildarchiv.de / Uhlenhut, Manfred | Grafik Deutschlandradio
Von Victor Klemperer |
• Zeitdokument • „Man hat mich mehr missachtet als einen Hund. Man bewirbt sich jetzt mit allen Mitteln um mich. Was wird morgen sein?“ Der Philologe Victor Klemperer protokolliert sein Leben in der jungen DDR.
Über den Preis seiner Erfolge reflektiert Klemperer im Tagebuch. Hier hält er den inneren Zwiespalt fest, sein Schwanken zwischen Hoffnung und Angst, zwischen Opportunismus und Rebellion. Seine wachsenden Zweifel am Wert des eigenen Engagements. Die Skepsis, mit der er seinen Eintritt in die KPD vollzog, begleitet ihn ebenso wie die Überzeugung, auf der richtigen Seite zu stehen. Später nennt er seine Parteinahme „das kleinere Übel“, denn die Adenauer-BRD ist für ihn keine Alternative.
Die Inszenierungen der neuen Macht wecken jedoch Erinnerungen an die Zwanziger- und Dreißigerjahre: das Fortwirken alter Kräfte mit neuen Vorzeichen, die fatale Ähnlichkeit der Propaganda und die kultische Verehrung Stalins. Indiz ist für Klemperer immer die Sprache. Er sammelt und notiert Beispiele einer LQI (Lingua Quartii Imperii), einer missbrauchten, verkommenen Sprache – des „Vierten Reichs“.

Schwerpunkt: Die Tagebücher von Victor Klemperer

Zwischen allen Stühlen (2/3)
Die Tagebücher des Victor Klemperer (1948–1952)
Von Victor Klemperer
Bearbeitung: Klaus Schlesinger
Regie: Peter Groeger
Mit: Udo Samel
Ton und Technik: Katrin Witt, Jonas Bergler, Andreas Brämer
Produktion: DLR Berlin/SFB-ORB 1999
Länge: 54'33

Teil 3 am 16. Oktober 22.03 Uhr

Victor Klemperer (1881–1960), Sohn eines Rabbiners aus Landsberg/Warthe, war ein namhafter Romanist, seit 1920 Professor an der Technischen Hochschule in Dresden, wo er 1935 zwangsentlassen wurde. Von 1945 bis 1960 arbeitete er erneut als Hochschullehrer in Dresden, Greifswald, Halle und Berlin. Berühmt wurde er mit seiner Abhandlung „LTI – Notizbuch eines Philologen“ (1947), in der er die ideologische Verwendung der deutschen Sprache in der Nazizeit analysiert. Die Tagebücher Victor Klemperers umfassen den Zeitraum von der Weimarer Republik bis 1960 und zeigen ihn als unverzichtbaren Zeitzeugen.

Klaus Schlesinger (1937–2001) war Schriftsteller und Journalist. Seit 1971 Prosa, Hörspiele, Reportagen und Essays. Hörspielfassung der Klemperer-Tagebücher neben „Zwischen allen Stühlen“: „Zeugnis ablegen“ über die Jahre 1933–1945 und „Leben sammeln“ über die Jahre 1926–1932 (DLR Berlin/ORB 1996 und 1997).

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